Kommentar Rentenpaket: 28 Euro mehr für Mama

Das Rentenpaket zwingt zu einer neuen Debatte um Steuererhöhungen – und darf andere Verteilungsfragen nicht blockieren.

Eine Rentnerin stützt sich auf ihren Gehstock. So ist das. Bild: dpa

Der CSU-Mann Michael Glos hat einmal gesagt, einer der Vorteile für Haushaltspolitiker bestünde darin, dass man den praktischen Unterschied kennenlerne zwischen Millionen und Milliarden. Das trifft auch auf die Rentenpolitik zu: 160 Milliarden Euro soll das Rentenreformpaket von Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) bis zum Jahre 2030 kosten.

Die Zahl ist vielleicht nicht ganz fair, denn dabei werden die Jahre kumulativ zusammengerechnet. Aber die Zahl liefert nichtsdestotrotz Stoff für die entscheidende Debatte: Werden jetzt die jüngeren Beitragszahler ausgeplündert, wie manche Kommentatoren meinen?

Die Antwort lautet: Nein, als reinen Generationenkonflikt kann man die Rentenverschiebungen nicht verorten. Man muss das Paket genauer betrachten, um zu urteilen.

Von den Verbesserungen für Erwerbsgeminderte profitieren auch Jüngere, die künftig aus gesundheitlichen Gründen früher aus dem Job ausscheiden müssen. Die Erhöhungen für Erwerbsgeminderte waren überfällig. Das kann man von der abschlagsfreien Rente für langjährig Versicherte nicht unbedingt behaupten. Nur die wenigsten haben einen nicht verschleißenden Job, den sie überhaupt 45 Jahre durchhalten können, was ja die Vorbedingung dafür ist.

Breite Debatte über Steuererhöhungen

Ein Handwerker scheidet meist schon lange vorher aus und muss daher auch künftig Rentenabschläge in Kauf nehmen. Diese Rentenverbesserung für langjährig Versicherte wäre nicht nötig gewesen. Zumal die wichtige Frage der Aufstockung von Niedrigrenten im Reformpaket noch nicht beantwortet wurde.

Heikel wird es beim größten Brocken, den höheren Mütterrenten, die deswegen so teuer sind, weil auch Rentnerinnen im Bestand davon profitieren. Eine Rentnerin, die zwei Kinder großgezogen hat, bekommt 56 Euro, beziehungsweise 52 Euro (Osten) mehr an monatlichem Ruhegeld. Das macht einen Unterschied. Man kann nicht geißeln, dass die eigenen Mütter für die Erziehung der Kinder, die vor 1992 geboren wurden, mehr Geld erhalten - der Generationenkonflikt wird durch die familiären Beziehungen gemildert.

Das Rentenreformpaket von Sozialministerin Andreas Nahles (SPD) ist so teuer, dass dafür in einigen Jahren zwei Milliarden Euro an zusätzlichen Steuern aufgebracht werden müssen. Es ist eine Frage der Zeit, und wir bekommen in Deutschland eine breite Debatte über Steuererhöhungen.

Dagegen wäre nichts einzuwenden – das eigentliche Problem des Rentenreformpakets liegt aber darin, dass andere Verteilungsdebatten dadurch blockiert werden könnten. Wenn man in den nächsten zehn, 15 Jahren gut damit zu tun hat, die Rentenkasse angesichts all der Ansprüche auf Mütterrenten und vorzeitige Renten mit steuerlichen Zuschüssen stabil zu halten – wo bleibt dann der politische Spielraum für Debatten um Bildung, um echte Altersarmut zum Beispiel? Dass dieser Spielraum schwindet, das ist die Gefahr.

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Redakteurin für Sozialpolitik und Gesellschaft im Inlandsressort der taz. Schwerpunkte: Arbeit, soziale Sicherung, Psychologie, Alter. Bücher: "Schattwald", Roman (Piper, August 2016). "Können Falten Freunde sein?" (Goldmann 2015, Taschenbuch).

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