Kommentar Rentenversicherungspflicht: Arme Ich-AGs

Selbstständigen mit geringen Einkommen geht es mit der Rentenversicherungspflicht an den Kragen. Die Lösung wären gestaffelte Vorsorge-Beiträge.

Als die Hartz-IV-Gesetze verabschiedet wurden, stimmte die damalige rot-grüne Bundesregierung das Hohelied der Ich-AG an. Jeder sollte sein eigener Unternehmer werden, Selbstständigkeit, vor allem Solo-Selbstständigkeit, wurde vom Arbeitsamt massiv gefördert.

Die Zeiten sind vorbei. So hat die schwarz-gelbe Bundesregierung nicht nur den Rechtsanspruch von Arbeitslosen auf einen Gründungszuschuss für die Selbstständigkeit abgeschafft. Jetzt geht es auch den Ein-Mann-und-Frau-Betrieben an den Kragen.

Das Bundesarbeitsministerium (BMAS) plant, dass Selbstständige künftig einer Rentenversicherungspflicht unterliegen. 260 Euro monatliche Beiträge sollen pauschal pro Person fällig werden. Damit aber steht die Existenz von vielleicht einer Million Selbstständiger vor dem Aus, die derzeit weniger als 1.100 Euro Netto im Monat verdienen.

Man kann die Pflichtversicherung trotzdem gut finden. Warum soll es Geschäftsmodelle geben, bei denen Steuerzahler später die Grundsicherung für altersarme Selbstständige finanzieren? Aber dann wäre es auch höchste Zeit, die Steuerzahler von der Subventionierung der Arbeitgeber zu befreien, die so niedrige Löhne zahlen, dass ihre Angestellten Hartz IV beziehen. Auf diesen Vorstoß wartet man vergeblich. Auch auf Antworten, wo die gut bezahlten, rentensicheren Alternativ-Jobs für arbeitslose Freelancer warten.

Vielleicht aber zeigt der Unmut der Selbstständigen ja Wirkung und das BMAS denkt über einkommensabhängig gestaffelte Beiträge zur Altersvorsorge nach. Denn warum ein Selbstständiger, der von der Hand in den Mund lebt, das Gleiche in die Altersvorsorge einzahlen soll wie solche mit Einkünften von mehreren tausend Euro, erschließt sich nicht.

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Jahrgang 1976. Ist seit 2009 bei der taz und schreibt über Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik sowie die Gewerkschaften

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