Kommentar Rodung für RWE: Verdächtige Eile im Hambacher Forst

Neue Untersuchungen zeigen, dass die Rodung im Hambacher Forst nicht nötig ist. Das vor weiteren Aktionen zu überprüfen, wäre angebracht.

Im Hambacher Forst wird ein Demonstrant von Polizisten von einem Seil abgehängt

Die Räumung im Hambacher Forst geht weiter Foto: dpa

Keine fünf Tage hat der Räumungsstopp gehalten, den NRW-Innenminister Herbert Reul vergangene Woche nach dem tödlichen Unfall im Hambacher Forst angekündigt hatte. Seit Montag werden wieder Baumhäuser geräumt – während im Wald noch getrauert wurde und gerade als die Eltern des Toten den Unfallort besuchten.

Diese Eile scheint nicht nur in Anbetracht des Todesfalls deplatziert. Sondern auch deshalb, weil momentan die Zweifel größer werden, ob die Rodung des Hambacher Waldes überhaupt erforderlich ist. Nachdem bereits der BUND dargelegt hatte, warum der Tagebau seiner Ansicht nach keineswegs stillstehen müsste, wenn in diesem Jahr auf die Rodung verzichtet wird, kommt nun die Analyse eines auf Bergbau spezialisierten Beratungsunternehmens im Auftrag von Greenpeace zum gleichen Schluss.

Die Ergebnisse der Kohlekommission abzuwarten, die für Mitte Dezember angekündigt sind, wäre also ohne jedes Problem möglich. Und sachgerecht wäre ein solches Vorgehen auch. Zwar hat die Kommission erklärt, dass ihre Aufgabe, den langfristigen Kohleausstieg zu organisieren, mit einem kurzfristigen Stopp der Arbeiten im Tagebau Hambach nicht unmittelbar zu tun hat. Doch neue Berechnungen lassen auch das fragwürdig erscheinen.

Um die deutschen Klimaziele zu erreichen, müssen die ältesten Braunkohlekraftwerke sofort abgeschaltet werden; die übrigen müssen ihre Stromproduktion sofort um die Hälfte drosseln und bis 2030 ganz einstellen. Dadurch, so zeigen Berechnungen von DIW und Fraunhofer-Institut, würde die noch benötigte Braunkohlemenge so schrumpfen, dass der Hambacher Wald erhalten werden könnte.

Diese Analysen müssen sorgfältig geprüft werden, bevor gerodet wird. Wenn das Land Nordrhein-Westfalen, das die Räumung angeordnet hat, dazu nicht bereit ist, setzt es sich dem Verdacht aus, aus Furcht vor neuen Erkenntnissen schnell noch unwiderrufbare Fakten schaffen zu wollen.

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Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.

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