Kommentar Rot-Schwarz sondiert: Wirtschaft pur oder soziale Stadt

Rot-Grün kennt man. Aber was bedeutet ein rot-schwarzes Bündnis?

Nun hat die SPD also mit den Grünen sondiert, am Donnerstag ist die CDU dran. Eine Vorentscheidung, heißt es, sei noch nicht gefallen. Die CDU ist also noch im Rennen. Welche Botschaft aber würde von einem rot-schwarzen Bündnis für Berlin ausgehen?

Zunächst einmal, das geht an die Mehrheit der linken Wähler in der Stadt, müsste einem beim Personaltableau der CDU nicht bange werden. Weder würde ein Innensenator Frank Henkel mit scharfer Munition auf Maidemonstranten losgehen, noch würde Monika Grütters als Kultursenatorin der freien Szene den Garaus machen. Und eine Senatorin mit türkischem Migrationshintergrund hätte nicht einmal Rot-Grün zu bieten.

Wenn die SPD behauptet, hinter Frank Henkel beginne bei der CDU das Grauen einer Westberliner Klientelpartei, ist das also zunächst Sondierungsgeklingel. Und noch etwas wissen die Sozialdemokraten: Rot-Schwarz wäre nicht die Fortsetzung der Großen Koalition mit anderen Mitteln, die die SPD 2001 beendet hatte. Dafür würden schon Klaus Wowereit und SPD-Landeschef Michael Müller sorgen. Was aber wäre Rot-Schwarz dann?

Da ist zunächst die Wirtschaft. Mit Henkel kann Wowereit den Olaf Scholz machen. Erst die Wirtschaft, dahinter die Wirtschaft und ganz am Schluss: die Wirtschaft. Da nutzt es auch nichts, dass sich die Wählermilieus von SPD und CDU ähnlicher sind als die zwischen SPD und Grünen. Eine Koalition der sozialen Gerechtigkeit muss daraus nicht erwachsen - auch wenn die CDU wohl zähneknirschend den Mindestlohn im Vergabegesetz akzeptieren würde.

Das mit der Wirtschaft gilt leider auch für die Wohnungspolitik. Linke Sozialdemokraten wollen öffentliche Grundstücke nur noch in Erbpacht vergeben. Mit der CDU können sie sich das abschminken - zur Freude von Klaus Wowereit, der hohe Mieten ohnehin eher als Indikator für wirtschaftlichen Aufschwung sieht und nicht als existenzielles Problem für einen gut Teil der Berliner. Verbot von Zweckentfremdung, weniger Umwandlung? Mit solchen Themen wird bei Rot-Schwarz nur die linke Opposition aus Grünen, Linken und Piraten kommen.

Das Grauen mit der CDU kommt also nur langsam, aber es kommt. Rot-Schwarz wäre eine Koalition, mit der das Thema soziale Gerechtigkeit den Investoren und Vermietern geopfert wird. Ein Grund genug für die Grünen, im Zweifel das Nein zur A 100 dem sozialen Zusammenhalt zu opfern.

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Jahrgang 1963, ist Redakteur für Stadtentwicklung der taz. Weitere Schwerpunkte sind Osteuropa und Brandenburg. Zuletzt erschien bei Bebra sein Buch "Morgenland Brandenburg. Zukunft zwischen Spree und Oder". Er koordiniert auch das Onlinedossier "Geschichte im Fluss" der Bundeszentrale für politische Bildung. Uwe Rada lebt in Berlin-Pankow und in Grunow im Schlaubetal.

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