Kommentar Rücktritt Wulff: Merkel braucht den Konsenspräsi

Der nächste Präsident kann nicht aus dem politischen Establishment kommen. Dort gibt es zu viele, die Promifreunde und Elitenklüngel zu wichtig nehmen.

Ihn interessiert nicht, wer Wulffs Nachfolger wird. Bild: dpa

Jetzt ist es also soweit: Wulff hat seinen Rücktritt erklärt. Bundeskanzlerin Angela Merkel sind damit schon zwei Bundespräsidenten abhanden gekommen. Zwei Männer, die sie ausgesucht und damit zu verantworten hat. Den einen, damit er ihr den Rücken freihält (Köhler). Den zweiten, damit er ihr nicht in den Rücken fällt (Wulff).

Nun sind sie beide weg, und Merkel steht wieder da mit einem leeren Schloss, einem verhassten Übergangspräsidenten (Seehofer) und jeder Menge Fragen, was zum einen ihre Menschenkenntnis anbelangt und zum anderen ihre Fähigkeit, große Krisen zu handhaben.

Im Fall von Horst Köhler mag man wohlwollend anrechnen, dass ihr Mut, einen Nicht-Politiker ins höchste Staatsamt zu heben, zwar bestraft wurde. Sie hat aber den an sich lobenswerten Versuch unternommen, die deutsche Unsitte aufzubrechen, die nur Menschen eine politische Karriere ermöglicht, die von klein auf die parteipolitischen Kaderschulen durchlaufen haben.

Wozu genau das führen kann, sieht man ja nun bei Wulff. Was heisst nun all das? Merkel steht unter Druck, die große Koalition dräut. So viel steht fest. Deutschland rutscht nicht in eine Staatskrise, die Befürchtungen hat inzwischen auch niemand mehr.

Viel spannender als die schon wieder aufflammende Diskussion um beschädigte Würde des Präsidentenamtes ist die Frage, welchen konsensfähigen Kandidaten Merkel jetzt aus dem Hut zaubert. Es wird wohl wieder jemand außerhalb des politischen Establishments sein müssen, in dem es ja offensichtlich so viele gibt, die keinerlei Gefühl mehr dafür haben, dass es wichtigeres gibt als Promifreunde und Elitengeklüngel.

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Ines Pohl (Jahrgang 1967) war von Juli 2009 bis Juni 2015 Chefredakteurin der taz. Bevor sie als politische Korrespondentin für die Mediengruppe Ippen in Berlin arbeitete, leitete sie das politische Ressort der Hessischen /Niedersächsischen Allgemeinen. 2004/2005 war sie als Stipendiatin der Nieman Foundation for Journalism für ein Jahr an der Harvard University. Im Dezember 2009 wurde ihr der Medienpreis „Newcomerin des Jahres“ vom Medium-Magazin verliehen. Seit 2010 ist Ines Pohl Mitglied im Kuratorium der NGO „Reporter ohne Grenzen“. Außerdem ist sie Herausgeberin der Bücher: " 50 einfache Dinge, die Sie tun können, um die Gesellschaft zu verändern" und "Schluss mit Lobbyismus! 50 einfache Fragen, auf die es nur eine Antwort gibt" (Westend-Verlag)

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