Kommentar Salafisten: Auch zum Mord bereit

Ja, bei „Pro NRW“ handelt es sich um rassistische Brandstifter. Das ändert nichts daran, dass der Staat auch sie schützen muss. Was er auch getan hat.

Ein größeres Geschenk hätte „Pro NRW“ nicht gemacht werden können. Das aufgedeckte Mordkomplott der Salafisten gegen den Vorsitzenden Markus Beisicht hat der rechtsextremen Splitterpartei Schlagzeilen beschert, von der sie bislang nur träumen konnte. Und schon wird der Leverkusener Rechtsanwalt von seinen Parteigängern als der „mutigste Politiker Europas“ gefeiert. Todesmutig verteidige er das christliche Abendland gegen die islamischen Horden. Dabei haben die Salafisten mit dem Islam so viel zu tun, wie die „Deutschen Christen“ einst mit dem Protestantismus.

Wenn auch verspätet, jetzt ist die Strategie von „Pro NRW“ aus dem letzten Jahr also doch noch aufgegangen. Auf „maximale Provokation“ wollten sie ihren Wahlkampf damals auslegen, „bis an die Schmerzgrenze“ wollten sie gehen. So hatte es Beisicht angekündigt. Und seine Truppe marschierte mit der berühmt-berüchtigten Mohammed-Zeichnung von Kurt Westergaard im Gepäck vor Moscheen und anderen islamischen Einrichtungen auf.

Unter dem Schutz der Meinungsfreiheit und des Demonstrationsrechts sowie gut gesichert von polizeilichen Großaufgeboten zielte „Pro NRW“ darauf ab, die radikalislamistische Szene bis aufs Blut zu reizen. Das ist ihr gelungen. Die ersten Opfer waren jene zwei Polizisten, die im Mai 2012 vor der Bonner König-Fahd-Akademie von einem blindwütigen salafistischen Messerstecher schwer verletzt wurden. Nun wäre es Beisicht wohl beinahe selbst an den Kragen gegangen.

Selbst dran schuld? Nein, das wäre eine gänzlich inakzeptable Sichtweise. Keine Frage: Beisicht und seine Biedermänner sind Brandstifter. Doch wenn es um die körperliche Unversehrtheit eines Menschen geht, hört jeder Spaß auf. Für einen geplanten Mord gibt es erst recht keinerlei Rechtfertigung. So haben die Anschlagspläne auf Markus Beisicht nur einen einzigen erfreulichen Aspekt: Mit ihrer rechtzeitigen Aufdeckung haben die Sicherheitsbehörden gezeigt, dass sie die große Gefahr, die von Teilen der salafistischen Szene ausgeht, erkannt haben.

Der Holocaust-Überlebende und scharfe Islamkritiker Ralph Giordano hat aus gutem Grund die „Pro-Bewegung“ als eine „zeitgenössische Variante des Nationalsozialismus“ bezeichnet. Beisicht und seine Gesinnungsgenossen hätten viel mit den islamistischen Fanatikern gemeinsam, seien „Brüder und Schwestern im totalitären Ungeist“.

Aber es gibt einen entscheidenden Unterschied: die schier grenzenlose Gewaltbereitschaft innerhalb der salafistischen Szene. Wer bei den Bonner Ausschreitungen im vergangenen Jahr in die völlig verhetzten Gesichter geschaut hat, weiß, welche Gefahr von diesen Islamofaschisten ausgeht. Sie schreien “Tod den Ungläubigen!“ – und meinen das todernst.

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Jahrgang 1966. Arbeitet seit 2014 als Redakteur im Inlandsressort und gehört dem Parlamentsbüro der taz an. Zuvor fünfzehn Jahre taz-Korrespondent in Nordrhein-Westfalen. Mehrere Buchveröffentlichungen (u.a. „Endstation Rücktritt!? Warum deutsche Politiker einpacken“, Bouvier Verlag, 2011). Seit 2018 im Vorstand der taz-Genossenschaft.

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