Kommentar Sammelunterkünfte: Erst mal alternativlos

Hamburg braucht eine Sammelunterkunft für Flüchtlinge und darf die Wohnungsnot nicht als Ausrede nehmen. Gebäude gäbe es genug, dann aber wartet ein neues Problem.

Sammelunterkünfte für Flüchtlinge gehören abgeschafft, denn niemandem darf eine solche Lagersituation zugemutet werden. Aber so lange die Erstunterbringung in Sammelunterkünften Bundesrecht ist, braucht es auch in Hamburg eine. Das ist der Punkt: in Hamburg – nicht im 70 Kilometer entfernten Horst.

Die Lösung muss sein, eine Alternative in der Stadt zu finden. Die bestehende Unterkunft in der Sportallee hat Platz für 70 Flüchtlinge, das reicht nicht. Bei allem Wohnungsnotstand ließe sich aber dennoch eine Lösung finden. Nur ist es mit dem Gebäude allein nicht getan, wenn man sich ansieht, wie Anwohner auf neue Nachbarn reagieren. In Sasel gründete sich eine Bürgerinitiative, als in einem Wohnhaus schwer erziehbare Kinder untergebracht werden sollten, in Harburg wehrten sich Anwohner gegen ein Hospiz.

Man möchte sich gar nicht ausmalen, was Anwohner alles fordern könnten, wenn eine Sammelunterkunft in ihre Straße ziehen sollte, und man kann ahnen, wie wenig die Bezirksverantwortlichen eine solche Unterkunft ausgerechnet bei sich haben wollen. Solange aber keine ergebnisoffene Suche über alle Bezirke hinweg geführt wird und solange man davon ausgehen kann, dass sich bei einer Entscheidung sofort die Anwohner zu Wort melden und über Wertverfall ihrer Grundstücke klagen, sollten Flüchtlinge in die Nähe ziehen, bleibt Horst erst mal alternativlos.

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Jahrgang 1977, die Soziologin arbeitete fast 15 Jahre - meist als freie Autorin - für die taz nord sowie für den NDR in Hamburg als Nachrichtenredakteurin Online und Radio, ging dann kurz zum stern und war anschließend stellvertretende Ressortleiterin Lokales bei der Hamburger Morgenpost. Seit 2023 ist sie Redaktionsleiterin der taz nord.

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