Kommentar Sanktionen gegen Russland: Drohgebärden helfen nicht

Statt von harten Sanktionen ist nach dem EU-Gipfel nur noch von Optionen die Rede. Das liegt auch an Italien. Dessen Premier Renzi hat gute Argumente.

Merkel und Hollande begrüßen ihre Kollegen beim EU-Gipfel

Ihr Alleingang rächt sich – Merkel und Hollande konnten sich beim EU-Gipfel nicht mit ihren Forderungen nach harten Sanktionen gegen Russland durchsetzen Foto: ap

Schlecht gebrüllt, Europa! Das möchte man den 28 Staats- und Regierungschefs der EU zurufen. Noch am Donnerstag hatten sie sich mächtig aufgeblasen und Russland mit Sanktionen wegen der Bombardements im syrischen Aleppo gedroht. Die „Gräueltaten“ dürften nicht ungesühnt bleiben, drohte Kanzlerin Merkel.

Doch nicht einmal zwölf Stunden später ist davon nicht mehr viel übrig. Statt von harten Sanktionen ist im Gipfel-Beschluss nur noch von „allen verfügbaren Optionen“ die Rede. Und statt von einer sofortigen Waffenruhe sprechen die 28 nur noch von „dringenden Schritten für humanitären Zugang“ nach Aleppo.

Der Möchte-Gern-Löwe Europa hat sich über sein eigenes Gebrüll erschreckt. Die Drohgebärden von Merkel, aber auch von Frankreichs Staatschef Hollande und der britischen Premierministerin May, haben keine Mehrheit gefunden. Auf der Bremse standen nicht nur Griechenland und Ungarn, sondern auch Italien.

Wieder einmal rächt es sich nun, dass Merkel versucht, die EU im Alleingang oder im exklusiven Club der „großen Drei“ zu führen. Italiens Premier Renzi hat sich schon oft darüber beschwert, dass die EU nicht nur den Interessen eines Landes – Deutschlands – dienen dürfe. Er will mitreden, auch in der Außenpolitik.

Und er hat gute Argumente. Im Kern sind es dieselben, die Außenminister Steinmeier schon am Montag beim EU-Ministerrat in Luxemburg genannt hatte. Sanktionen bringen keinen Frieden.Die Menschen in Aleppo haben keine Zeit, so lange zu warten, bis Strafen gegen Russland (vielleicht) wirken. Sie brauchen die Waffenruhe jetzt.

Sanktionen ergeben nur Sinn, wenn man eine Strategie für die Lösung des Syrien-Konflikts hat. Doch die hat Europa nach Jahren des Mordens immer noch nicht

Zudem machen Sanktionen nur Sinn, wenn man eine Strategie für die Lösung des Syrien-Konflikts hat. Doch die hat Europa nach Jahren des Mordens immer noch nicht. Eine solche Strategie müsste nicht nur Syriens Machthaber Assad und Russlands Präsident Putin, sondern auch die Türkei und den Iran umfassen – denn sie alle zündeln mit.

Diese Einsicht dürfte die Hardliner jedoch nicht bremsen. Hollande und May werden auch nach dem Flop beim EU-Gipfel weiter mit der Sanktions-Keule drohen. Die spannende Frage ist nun, ob Merkel dabei in Großmacht-Manier mitmacht – oder ob sie sich wieder um Vermittlung bemüht. Und um eine Waffenruhe für Aleppo.

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