Kommentar Schanzenviertel: Budenzauber

Die Pläne des Eventmanagers Kretschmer und des Immobilienberaters Baer solle niemand leichtfertig als Spinnerei abtun.

Was für ein Theaterdonner, den der Eigentümers der Roten Flora, Klausmartin Kretschmer, und sein international agierender Immobilienberater Gert Baer ausgelöst haben: Da wird nicht nur auf den letzten Drücker der Bebauungsplan „Sternschanze 7“ angefochten, da wird auch gleich der Plan für eine Monsteranlage in der Schanze präsentiert, der allen stadtentwicklungspolitischen Zielen des bereits durch Gentrifizierung gebeutelten Quartiers zuwider läuft.

Nun kann man die Pläne des Eventmanagers Kretschmer leichtfertig als Spinnerei abtun. Der hat schließlich schon die legendären Riverkasematten am Hafenrand in eine blühenden Location verwandeln wollen und stattdessen prompt in den Bankrott geführt. Später träumte er davon, die Region um den Großmarkt in eine kulturelle „Oberhafen-City“ mit Künstlerateliers zu verwandeln, und wachte bei einer Zwangsversteigerung auf.

Nein, in diesem Deal mischt – wie von den Rotfloristen frühzeitig erkannt – mit Gert Baer ein Immobilienprofi mit, der sich nicht freiwillig in die Schusslinie der autonomen Szene begibt, die bekanntermaßen Widerstand in allen Formen gegen eine Räumung der Roten Flora angekündigt hat. Dabei könnte sie mit internationaler Solidarität der autonomen Szene rechnen. Da muss es auf Seiten Baers um einen anderen Plan gehen. Der Immobilienberater hat Kretschmer allen bisherigen Erkenntnissen und eigenen Bekundungen nach aus der Insolvenzzone geführt und mit einem US-Investor verkuppelt. Investoren sind in den USA nicht zimperlich und schrecken auch vor dem Abfackeln nicht zurück, wenn es darum geht, ein Filetgrundstück lukrativ bebauen zu können – wenn vielleicht auch nicht mit einer Konzerthalle, sondern mit Appartments. Oder das Ganze ist nur Budenzauber, um der Stadt einen Schreck einzujagen, damit sie die Rote Flora für fünf Millionen von Kretschmer zurückkauft. Auf jeden Fall wird es am Schulterblatt noch einige Überraschungen geben.

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Jahrgang 1956, Seit 1983 bei der taz – zuerst bei der taz.hamburg und jetzt bei der taz.nord in Hamburg. Ressorts: Polizei, Justiz, Betrieb und Gewerkschaft. Schwerpunkte: Repression, progressive Bewegungen und Widerstand gegen Gentrifizierung

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