Kommentar Sicherheitsprüfung AKW: Al-Qaida als Argument

Im Machtkampf mit den Atommanagern muss die Regierung starke Argumente aufbieten, um diese von Klagen abzuhalten. Das hat sie mit der AKW-"Checkliste" getan.

Die heiß erwartete "Checkliste" der Bundesregierung für die Sicherheit deutscher Atomkraftwerke liegt nun vor. Und siehe da, sie ist nicht schlecht, weil sie die Liste der potenziellen Bedrohungen, denen AKWs ausgesetzt sind, auf den aktuellen Stand bringt.

Neben Erdbeben wie in Fukushima sind da auch Computerangriffe wie auf die iranische Urananreicherungsanlage Busher berücksichtigt, durch Klimawandel bedingte Stürme ebenso wie ein lange währender Stromausfall: alles Gefahren, auf die Kritiker der Atomenergie teilweise schon seit Jahrzehnten hinweisen.

Am schwersten wiegt aber die Gefahr, die durch abstürzende Flugzeuge droht. Ausgerechnet al-Qaida liefert der bedrängten Regierung also nun das wichtigste Argument, um den Betrieb deutscher Reaktoren zu stoppen. Die Gefahr durch Flugzeuge ist seit der Terrorattacke vom 11. September 2001 offensichtlich. Aber erst jetzt, nach der Katastrophe in Japan und den verlorenen Landtagswahlen, steht die Regierung so mit dem Rücken an der Wand, dass sie zur Begründung ihrer Politik auf die Gefahr durch mögliche Flugzeugangriffe verweist.

Denn sie muss sich wappnen: Nicht unbedingt gegen die Wähler, denn die wichtigste Wahl in diesem Jahr ist für Union und FDP ja schon verloren. Wichtiger ist es, in den kommenden Monaten Front gegen die alten Verbündeten, die Stromkonzerne, zu machen. Deren Chefs sind sauer, weil sie nun auf das mit ihren AKWs leicht verdiente Geld verzichten müssen und auf Jahre komplizierte und teure Investitionen sowie piesackende Landesministerien und klagende Bürger fürchten.

Im Machtkampf mit den Atommanagern muss die Regierung möglichst starke Argumente aufbieten, um die Unternehmen von Schadenersatzklagen abzuhalten. Dann ist auch irgendwann Gras über die Sache gewachsen, so die Hoffnung.

Das Argument der Regierung, die Konzerne dürften nicht allzu sehr verprellt werden, weil man ihre Milliarden für den Umbau des Energiesystems hin zu Erneuerbaren brauche, ist dabei nur vorgeschoben. Die Energiekonzerne werden in jedes Energiesystem investieren, das ihnen die Regierung vorschreibt. Was sollten sie auch sonst tun? Den riesigen deutschen Markt anderen Produzenten überlassen - bei den riesigen Profiten, die hier erzielt werden? Das glauben nicht einmal die Energiechaoten dieser Bundesregierung.

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Reiner Metzger, geboren 1964, leitet taz am Wochenende zusammen mit Felix Zimmermann. In den Bereichen Politik, Gesellschaft und Sachkunde werden die Themen der vergangenen Woche analysiert und die Themen der kommenden Woche für die Leser idealerweise so vorbereitet, dass sie schon mal wissen, was an Wichtigem auf sie zukommt. Oder einfach Liebens-, Hassens- und Bedenkenswertes gedruckt. Von 2004 bis 2014 war er in der taz-Chefredaktion.

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