Kommentar Sozialministerin Özkan: Ohne Gespür
Die gescheiterte Beteiligung Betroffener am Behinderten-Aktionsplan zeigt, wie schwer sich Sozialministerin Özkan mit ihrer Klientel tut.
D ie Klagen von Verbänden und Betroffenengruppen über Niedersachsens Sozialministerin Aygül Özkan (CDU) mehren sich: Für harmlose Termine, im besten Fall mit Handshake und Pressebildern, sei sie immer zu haben. Wirklich gehört fühlen sich die Gruppen von der Ministerin aber nicht.
Das zeigt der Bereich Integration wie kein anderer, der – man mag es ab und an vergessen – neben Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie zu Özkans Ressort zählt. Groß waren die Hoffnungen der Migrantenverbände, als dort mit Özkan vor über zwei Jahren eine Migrantin antrat. Mittlerweile haben sie größtenteils resigniert: Wann immer es um mehr als warme Worte geht, führt Innenminister Uwe Schünemann (CDU) das Wort – der für rigide Abschiebereien ebenso steht wie für Dauer-Terrorismus-Verdächtigungen gegen Muslime. Auf Einspruch von Özkan hofft man vergeblich.
Da passt es, dass auch die Beteiligung Betroffener an ihrem Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention zur Alibiveranstaltung wird. Es versteht sich von selbst, dass ein solches Papier über Barrierefreiheit selbst barrierefrei sein muss. Auch das Argument, für Blinde gebe es die Texte im Netz als Sprachausgabe, zieht nicht: Behördensprech wird längst nicht verständlich, nur weil man ihn laut vorliest. Dass man dafür in Özkans Haus keinerlei Gespür hat, zeigt einmal mehr, wie weit man dort von seiner Klientel entfernt ist.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kritik am Selbstbestimmungsgesetz
Kalkulierter Angriff
Bürgermeisterwahl in Ludwigshafen
Eine demokratische Farce
Habeck gibt Bundestagsmandat ab
Her mit der neuen Idee
Robert Habeck tritt ab
„Ich will nicht wie ein Gespenst über die Flure laufen“
Solidarität mit Palästina
Das Ringen um Palästina als globaler Kampf
Stellenabbau in der Autobranche
Von einer Krise zur Nächsten