Kommentar Streit um Inklusion: Ein neues Fass aufgemacht

Als so richtig förderlich für das Kindeswohl ist das Turbo-Abitur ja nicht bekannt. Statt die Kinder auszusortieren, sollten hier die Bedingungen verbessert werden.

Dass sich die Betroffenen (in Gestalt ihrer Verbände) eine parteiübergreifende Lösung wünschen, ist verständlich. Aber bei der Frage, wie die Inklusion behinderter Schulkinder an niedersächsischen Regelschulen umzusetzen sei, ist der Preis für den Konsens hoch. So hochgradig die SPD auch auf Verständigung aus war: CDU und FDP wollten partout eine Abschulungsmöglichkeit ins Gesetz schreiben.

Gut: Da klingt es etwas weniger problematisch, wenn nicht explizit nur behinderte Kinder als potentielles Problem ausgemacht werden. Auch verlangt die neue Formulierung den Schulen ja einige Mühen ab, ehe sie ein Kind wegschicken können. Doch faktisch bleibt es dabei: Da ist ein Hebel geschaffen worden, um den Elternwillen auszuschalten.

Andere Bundesländer kommen ohne diese Klausel aus: Hamburg etwa traut den Eltern zu, für ihr Kind selbst die richtige Entscheidung zu treffen.

Wie diese Paragrafen nun gedeutet werden – ob künftig also etwa an Bauchschmerzen leidende Kinder ihrem eigenen Wohl zuliebe des Gymnasiums verwiesen werden, wird sich zeigen müssen. Mit dem Gesetz wird ein ganz neues Fass aufgemacht: Als so richtig förderlich für das Kindeswohl ist das Turbo-Abitur bisher ja nicht bekannt. Statt die Möglichkeiten auszuweiten, Kinder auszusortieren, sollten hier die Bedingungen verbessert werden. Auch das gehört zum Anliegen der Inklusion.

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Jahrgang 1964, seit 1992 Redakteurin der taz am Standort Hamburg für Bildung und Soziales. Schwerpunkte Schulpolitik, Jugendhilfe, Familienpolitik und Alltagsthemen.

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