Kommentar Stromversorgung: Grundrecht Strom

Bei einem Wohnungsbrand sterben vier Kinder – weil der Familie der Strom abgeschaltet worden war. Fahrlässigkeit ist nicht nur ein privates Problem.

Der verheerende Wohnungsbrand, bei dem am vergangenen Freitag in Saarbrücken vier kleine Kinder ums Leben gekommen sind, ist auf eine brennende Kerze zurückzuführen. Sachverständige sprechen in diesem wie in anderen Fällen von Fahrlässigkeit.

Das Wort suggeriert, dass da jemand schlicht nicht aufgepasst hat –im Zweifelsfall natürlich die Eltern: ein Fall also wie bei der berüchtigten brennenden Zigarette. Tatsächlich liegt dieser Fall anders: Der siebenköpfigen Familie war kurz vor der Katastrophe der Strom abgestellt worden, weil sie die Rechnungen nicht bezahlen konnte.

Offenbar wussten sich die Eltern in ihrer Notlage nicht anders zu behelfen als mit einer Kerze. Dabei zahlen Sozialämter in einem solchen Fall üblicherweise ein Darlehen zur Begleichung offener Rechnungen. Sei es mangelndes Selbstbewusstsein, sei es der Stolz, seien es Sprachprobleme, sei es einfach Unwissen – ein solches Darlehen ist von der Roma-Familie jedenfalls nie beantragt worden.

Gerade in Zeiten explodierender Energiekosten haben es insbesondere einkommensschwache Familien immer schwerer, ihre Elektrizitätskosten zu tragen. Während etwa ein Fernsehgerät nicht gepfändet werden darf, darf der Strom für den Fernseher in der Regel nach der vierten Mahnung abgestellt werden. Dabei sollte gerade Strom für Schutzbedürftige zur infrastrukturellen und sozialen Grundversorgung zählen.

Wünschenswert wäre deshalb, wenn die Energieversorger enger mit den Sozialbehörden oder Jugendämtern vernetzt wären. Oder wenn offensive Beratungs- und Informationsangebote den Betroffenen die Scheu nehmen könnten, staatliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Denn Fahrlässigkeit ist nicht nur ein privates Problem, sondern in Zeiten, in denen die soziale Schere immer weiter auseinandergeht, auch ein gesellschaftliches.

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