Kommentar Studienfinanzierung: Kleine grüne Feiglinge

Die Grünen haben richtig erkannt, dass bestimmte Schichten vom Studium ferngehalten werden. Aber sie ziehen den falschen Schluss daraus.

Wenn es die Grünen nicht gäbe, man müsste sie erfinden. Sie sind die Partei, die immer und ständig nach vorne will, auch jenseits ihrer klassischen Themen. Zugleich aber sind die Grünen stets gefangen im Realen, das merkt man ihrem jüngsten Vorschlag an - den Eckpunkten einer völlig neuen Studienfinanzierung.

Das Papier ist visionär, weil es mit dem elenden Verhau in der Studienförderung aufräumt. Bafög, Stipendien, Kredite, das geht alles wild durcheinander, obwohl man das Geld bündeln und so flächendeckend wie gezielt verteilen müsste. Nein, das ist kein Widerspruch. Ein "Bafög für alle" ist in einer Nation der Ängstlichen eine wichtige Sache, um jedem jungen Erwachsenen fürs Studium Anerkennung und ein Minimum an finanzieller Freiheit zu geben. Und zugleich braucht man den gezielten Sozialzuschlag für zweifelnde Eltern und Kinder der Unter- und Mittelschichten, um ihnen den letzten Kick zum Studium zu geben. Nur so lässt sich ein Grund für den grassierenden Akademiker- und Ingenieursmangel beheben.

Gleichzeitig ist das neue grüne Papier ein Dokument der Unentschlossenheit. Wie die kleinen Feiglinge trauen sich die Grünen nicht zuzugeben: Ohne Studienkredite, ja ohne Studiengebühren wird sich die Zukunft der Wissensgesellschaft nicht finanzieren lassen. Es wäre konsequent gewesen, Studienkredite als dritte Säule neben den Basiszuschlag für alle und den Sozialaufschlag für wenige zu stellen. Und zu sagen, dass sich so auch Studiengebühren und also Unis gezielt finanzieren ließen. Aber das haben die Grünen nicht gewagt - weil sie Muffensausen haben vor Studentendemos. Gestrichen haben sie die Kredite aber auch nicht, nur "risikoärmer" gemacht.

Die Grünen haben richtig erkannt, dass bestimmte Schichten vom Studium ferngehalten werden. Und dass wir uns das im 21. Jahrhundert nicht leisten können. Aber sie ziehen den falschen Schluss daraus. Es ist die Schule, stupid! Nämlich diese unsere gegliederte Schule, die millionenfach Talenten den Weg zum Abi versperrt - und damit zum Studium.

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