Kommentar Syrien und Russland: Das Scheitern war absehbar

Die syrische Opposition hat die Einladung des Kreml bereits abgesagt. Von Russland wäre als Vermittler zwischen den syrischen Kriegsparteien aber ohnehin nicht viel zu erwarten.

Russland unternimmt noch einmal einen Versuch, die syrischen Kriegsparteien an einen Tisch zu holen. Der Kreml bietet sich als Vermittler an. Die Zusage der Assad-Partei zu Gesprächen liegt vor, doch die Rebellen haben bereits abgelehnt. Russland hat sich damit in eine schwierige Lage manövriert.

Durch die Blockade der UN-Resolution, das Assad-Regime in seine Grenzen zu weisen, machte sich Russland nicht nur bei der syrischen Opposition, der Arabischen Liga und im Westen unbeliebt. Deutlicher als früher ergriff Moskau die Partei eines wankenden Diktators.

Scheitert der Vermittlungsversuch, was absehbar ist, dann verliert Russland den letzten und wichtigsten Verbündeten im Nahen Osten. Käme die syrische Opposition an die Macht, würde sie wohl kaum noch russische Waffen kaufen. Schwerer wiegt, dass Russland als Großmacht auch aus dieser Region verdrängt wird. Die internationale Rolle des Landes schrumpft, kaum gibt es noch einen Grund für seine Teilnahme am Nahost-Quartett.

Klaus-Helge Donath ist Russland-Korrespondent der taz.

Schuld daran ist der enge Blick einer sowjetisch sozialisierten Elite, die die geopolitischen Verschiebungen nicht einzuordnen versteht. Sie glaubt, nur weil die USA ihre Stellung als einzige verbliebene Weltmacht verlieren, würde Russland wieder Macht gewinnen.

Damit übersieht Moskau jedoch, dass es in der multipolaren Welt inzwischen regionale Spieler gibt, die den russischen Einfluss mindern. Gegen die Forderung der Arabischen Liga, in Syrien einzugreifen, findet Russland kein sinnvolles Argument. Das Sperrmandat im UN-Sicherheitsrat wirkt da nur noch verzweifelt.

Das Dilemma besteht darin, dass der Kreml sich auf die USA und den Westen als fiktiven Gegenspieler fixiert. Noch immer folgt die russische Außenpolitik dem Reflex: Die Gegner des Westens sind unsere Freunde. Selbst wenn sie - wie im Falle des Iran - für Russland eine viel unmittelbarere Bedrohung darstellen mögen als für den Westen. Moskau denkt nicht strategisch. Nicht zuletzt spielen auch emotionale Motive mit.

Seit Jahren warnt der Kreml sein Volk vor einer potenziellen Aggression aus dem Westen. Das wirkt autosuggestiv, besonders im Moment eines Umbruchs im eigenen Haus. Der Strang für den irakischen Diktator Saddam Hussein und das Messer für Gaddafi in Libyen hinterließen Spuren. Diese Gemengelage lässt von Russland als Vermittler nicht viel erwarten.

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Jahrgang 1956, Osteuroparedakteur taz, Korrespondent Moskau und GUS 1990, Studium FU Berlin und Essex/GB Politik, Philosophie, Politische Psychologie.

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