Kommentar TV-Debatte in Frankreich: Langweilig und undemokratisch

Die fünf aussichtsreichsten Präsidentschaftskandidaten in der Fernsehdebatte: Hätte eine Show werden können, war aber leider öde.

Die französische Rechtspopulistin Marine Le Pen und Anwärter François Fillon

Die französische Rechtspopulistin Marine Le Pen und der konservative Anwärter François Fillon Foto: dpa

The Revolution will not be televised“, sang einst der amerikanische Poet Gil Scott-Heron. Wie Recht er damit hatte, haben am Montagabend die französischen Präsidentschaftskandidaten vorgeführt. Zwar machen die französischen Politiker gern radikale Sprüche in ihren Wahlkampagnen – das erste Aufeinandertreffen der fünf aussichtsreichsten PräsidentschaftskandidatInnen im Fernsehen entpuppte sich aber als ziemlich lahme Diskussionsrunde.

Bis weit nach Mitternacht dauerte die Polit-Sendung. Die Aufmerksamkeit der ZuschauerInnen wurde über Gebühr strapaziert. Was als leidenschaftliche Redeschlacht angekündigt worden war, erwies sich als schlecht choreografierte und deshalb ermüdende Aneinanderreihung von Abnützungsgefechten mit ein paar Scharmützeln, die keinem und keiner der Kontrahenten weh tun sollte.

Der private Sender TF1, der diese Debatte unbedingt exklusiv haben wollte, muss sich zudem vorwerfen lassen, gegen die Grundregel der Gleichbehandlung aller KandidatInnen verstoßen zu haben. Nur fünf von insgesamt elf waren zugelassen. Das Kriterium für die Einladung in diesen VIP-Wahlklub waren die Umfragewerte. Natürlich trifft es zu, dass einige der ausgeschlossenen Kandidaten vielleicht nicht mal ein Prozent erhalten, und wahrscheinlich wäre auch eine ergiebige Debatte unter elf erst recht unmöglich gewesen. Deshalb aber fünf von elf zu bevorzugen, ist schlicht undemokratisch.

Am Tag danach begnügen sich die französischen Medien mit ein paar verbalen Konfrontationen. Marine Le Pen wurde wegen der absehbaren Folgen eines von ihr gewünschten EU-Austritts attackiert. Ziel von Angriffen und Unterstellungen war aber erwartungsgemäß der Favorit Emmanuel Macron, dem sein sozialistischer Konkurrent Benoît Hamon als Erbsünde vorhielt, dass er früher Banker gewesen war. François Fillon mit seinem „Penelopegate“ dagegen wurde fast beschämt verschont. Nur der Linke Jean-Luc Mélenchon verbat sich, mit den anderen in denselben Topf geworfen zu werden, er forderte „Lohn für die Tugendhaften, Sühne für die Schuldigen“.

Für Millionen WählerInnen, die trotz allem vor dem Fernseher saßen und vielleicht sogar auf einen Grund zur Hoffnung in die Politik warteten, war diese niveaulose Marathondebatte bestenfalls eine misslungene Reality-Show. Mehr als die Hälfte der Wahlberechtigten weiß noch immer nicht, ob und für wen sie wählen sollen.

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Frankreich-Korrespondent der taz seit 2009, schreibt aus Paris über Politik, Wirtschaft, Umweltfragen und Gesellschaft. Gelegentlich auch für „Die Presse“ (Wien) und die „Neue Zürcher Zeitung“.

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