Kommentar Taliban: Geld allein lindert keinen Hass

Für ein paar Dollar im Monat sprengen Studenten und einfache Dorfbewohner kaum afghanische Polizisten oder westliche Soldaten in die Luft. Ein bisschen Hass gehört schon dazu.

Auch Deutschland unterstützt nun das neue Programm der afghanischen Regierung zur Reintegration reuiger Talibankämpfer. Doch so wichtig jeder nichtmilitärische Ansatz in Afghanistan ist - die Geburtsfehler dieses Programms dürfen nicht übersehen werden.

Schon die Annahme, man könne die Aufständischen fein säuberlich in ideologisch oder wirtschaftlich motiviert trennen, ist zu einfach. Zu glauben, viele Kämpfer könnten mit materiellen Anreizen überzeugt werden, die Seite zu wechseln, greift zu kurz – so simpel sind ihre Motive nicht.

Für ein paar Dollar im Monat sprengen Studenten und einfache Dorfbewohner kaum afghanische Polizisten oder westliche Soldaten in die Luft. Ein bisschen Hass gehört schon dazu. Woher der kommt, ist bekannt: etwa daher, dass eine vom Ausland gestützte korrupte Regierung Machthaber auf lokaler Ebene schützt, die zum Teil äußerst brutal ganze soziale Gruppen von Mitsprache und Ressourcen fernhalten.

ist Kodirektor des unabhängigen Thinktanks Afghanistan Analysts Network (Kabul/Berlin).

Solche Kämpfer sind kaum der Meinung, dass sie sich auf dem "falschen Weg" befinden. Von ihnen zu verlangen, die Waffen niederzulegen und die afghanische Verfassung anzuerkennen, läuft in ihren Augen auf die Kapitulation vor einer korrupten Regierung hinaus. Problematisch ist auch, dass das Programm indirekt Gewaltausübung belohnt. Jene, die gar nicht erst in die Berge gegangen sind, werden nicht begeistert sein.

Ohne eine echte Reform des afghanischen Regierungssystems wird das Reintegrationsprogramm scheitern. Bei einer Milliarde Dollar, die dafür in Aussicht stehen, leuchten in Kabuls Führungsetagen manche Augen schon erwartungsvoll auf.

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