Kommentar Thomas de Maizière: Der gestauchte Minister

Verteidigungsminister Thomas de Maizière erlebt gerade einen klassischen Fall davon, wenn zur Pleite auch noch die Panne und das Pech hinzukommen.

Verteidigungsminister Thomas de Maizière: Im Amt wirds ungemütlich. Bild: dpa

Im Haus des Bundesverteidigungsministers haben ganz offensichtlich die Leute, die für die Beschaffung, die Bezahlung und die Zulassung der Aufklärungsdrohen „Euro Hawk“ zuständig sind, seit Jahren nicht miteinander gesprochen. Jedenfalls können sie nichts Sinnvolles ausgetauscht haben.

Sonst hätte es nicht passieren können, was nun seit über einer Woche unter dem Titel „Drohnen-Debakel“ seine Kreise durch die Medienlandschaft zieht: Ein unbemanntes Fluggerät mit 40 Metern Spannweite, das aus rund 20 Kilometern Höhe Daten ermitteln soll, wird 2007 bestellt, erweist sich frühzeitig als technischer und bürokratischer Problemfall, und nachdem wahrscheinlich um die 600 Millionen Euro unwiderruflich davongeflossen sind, muss die Bestellung storniert werden.

Wenn nun möglicherweise auch noch andere Bundeswehr- und Nato-Drohnenprojekte gestoppt werden, könnte sich die Schadenssumme am Ende leicht auf eine Milliarde Euro und darüber beziffern. „Pleite“ wäre dafür dann eine freundliche Untertreibung.

Wie groß die Panne des Ministers selbst ist, der das Amt im März 2011 übernahm, wird sich danach bemessen, wann er die Euro Hawk-Bestellung hätte stoppen müssen, weil er ausreichend über den drohenden Schaden informiert war. Dass Mitte Mai 2013 dafür mit Sicherheit zu spät war, kann mittlerweile als gesichert gelten.

Opposition im Wahlkampfmodus

Pech aber hat der Minister, dass Mitte Mai sich innenpolitisch sonst nicht viel tut, die Opposition aber im Wahlkampfmodus ist. Sie sorgt dafür, dass täglich neue belastende Nachrichten-Schnipselchen ans Licht kommen und heller ausgeleuchtet werden, als dies sonst der Fall wäre.

De Maizière ist dabei aus Sicht der politischen Gegner und vieler Journalisten eine Art politisches Edelwild, das zu erlegen ganz besondere Freude bereiten würde. In der Kabinettsriege genießt er neben der Kanzlerin den besten Ruf, er gilt als besonnener, unbestechlicher, souveräner Macher, tauglich vielleicht nicht für Marktplätze, aber für jede Art von Management, ja sogar für eine Nachfolge Angela Merkels. Die Vorstellung, dass ausgerechnet de Maizière nun stürzen könnte, hat sichtlich die Phantasie vieler Berlin-Mitte-Betriebsangehöriger entfacht.

Doch so weit ist es noch nicht. De Maizière hat Fehler gemacht. Sie sind nach allem, was bisher bekannt ist, aber nicht so groß, dass er als Minister nicht mehr zu halten wäre.

Dass im Verteidigungsministerium die Abteilungen offenbar gegeneinander arbeiten, ist zwar politisch aktuell von ihm zu verantworten - doch jeder mit dem Vorgang Befasste weiß, dass das nicht seine Schuld ist. In der Tat schmilzt das üppig-weiche Polster an Vertrauen, auf dem de Maizière bisher saß, täglich. Vermutlich hockt er bald ebenso hart auf der Regierungsbank wie der Großteil des Kabinetts. Dass Merkel ihn dort noch vor der Wahl herunter kegelt, ist unwahrscheinlich. Dass sie für ihre Zukunftspläne einen gestauchten de Maizière besser gebrauchen kann als einen stolzen, ebenbürtigen Partner, ist dagegen sicher.

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Chefredakteurin der taz seit Sommer 2020 - zusammen mit Barbara Junge in einer Doppelspitze. Von 2014 bis 2020 beim Deutschlandfunk in Köln als Politikredakteurin in der Abteilung "Hintergrund". Davor von 1999 bis 2014 in der taz als Chefin vom Dienst, Sozialredakteurin, Parlamentskorrespondentin, Inlandsressortleiterin. Zwischendurch (2010/2011) auch ein Jahr Politikchefin bei der Wochenzeitung „der Freitag“.

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