Kommentar Transrapid: Wunschdenken zum Abschied

Edmund Stoiber jubelt. Für ihn ist es der Durchbruch für den Transrapid. Doch noch ist das nur sein Traum, denn die Finanzierung des Milliardenprojekts ist noch lange nicht geklärt.

Ein Abschied nach Maß für Edmund Stoiber: Darauf deuteten die Nachrichten gestern zunächst hin. "Durchbruch für den Transrapid" verkündeten die Agenturen am Morgen: "Strecke zum Münchener Flughafen wird gebaut." Mittags feierte sich der CSU-Vorsitzende und Ministerpräsident wenige Tage vor dem Ende seiner Amtszeit noch einmal ausführlich selbst, als er zusammen mit Industrievertretern bekräftigte, man habe die "letzte Chance" genutzt: "Der Weg ist frei."

Allein: Die Wirklichkeit blieb von den Ankündigungen unbeeindruckt. Im Stundentakt wurde der Erfolg am Nachmittag revidiert. Selbst für die bisherige Kostenschätzung von 1,85 Milliarden Euro - die je nach Standpunkt als optimistisch, verrückt, veraltet oder geschönt gewertet wird - ist die Finanzierungslücke keineswegs geschlossen. Die Zuschüsse von EU und Flughafen-Gesellschaft sind bisher kaum begründete Hoffnungswerte. Wer die sicher zu erwartenden Mehrkosten tragen soll, darüber gibt es entgegen den ersten Ankündigungen keinerlei Konzept. Und Klagen gegen das umstrittene Projekt sind bereits angekündigt. Der Transrapid in München bleibt also zunächst das, was er immer war: Wunschtraum von Industrieunternehmen, die sichere Aufträge ohne Risiko erwarten, sowie von Politikern, die auf Prestige und ein modernes Image hoffen. Und Albtraum von Umweltschützern, die - gerade bei kurzen Transrapidstrecken - gewaltige Kosten, großen Flächenverbrauch und eine schlechte Energiebilanz bei geringem Nutzen kritisieren. Schließlich wären die Baukosten für die 37 Kilometer lange Transrapid-Strecke höher als die der gesamten Münchener S-Bahn, und das Geld würde künftig für den Nahverkehr fehlen.

Doch um sachliche Argumente ging es gestern ohnehin nicht. Zu erleben war der Abschied eines Politikers, der die Bodenhaftung schon lange verloren hat. Dieser von Wunschdenken statt Realität geprägte Schlussauftritt charakterisiert den bayerischen Ministerpräsidenten trefflich. Schließlich hat Edmund Stoiber auch auch schon auf seine erfolgreiche Wahl zum Kanzler angestoßen und die Kompetenzen für sein Berliner Superministerium ausgehandelt.

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Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.

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