Kommentar Tumulte in Hamburg-Altona: Polizei ist zur Konfliktpartei geworden

Die Darstellung von Polizei und Medien von einem Mob Jugendlicher ist nicht nur falsch - sie provoziert am Ende genau das.

Die Auseinandersetzungen der vergangenen Tage zwischen Jugendlichen und der Polizei in Hamburg-Altona zeigen, dass sich hier weitgehend unbemerkt ein Konflikt hochgeschaukelt hat, bei dem es nicht mehr nur um die Frage geht, ob ein paar Jungen etwas auf dem Kerbholz haben.

An die Öffentlichkeit gekommen ist der Konflikt erst durch die Eskalation am vergangenen Donnerstag und die Nachwehen in den folgenden Nächten. Die Polizei befürchtet, dass sie die Kontrolle im Stadtteil verliert, verschärft die Präsenz und stellt alle Jugendlichen unter Generalverdacht, die in ihr Täterprofil passen: jung, männlich, Migrationshintergrund. Die Jugendlichen fühlen sich zu Recht diskriminiert.

Die Polizei ist in diesem Konflikt also selbst zu einer Konfliktpartei geworden, zieht die Aggressionen der betroffenen Jungen auf sich – und reagiert entsprechend darauf wieder mit mehr Kontrollen. Die Jugendlichen wiederum sind nach den verstärkten Polizeikontrollen misstrauisch geworden. Sie fühlen sich inzwischen von den Polizeibeamten verfolgt. Auch gegenüber Medienvertretern sind sie skeptisch, weil sie sich benutzt fühlen – für reißerische Schlagzeilen.

Doch in diesem Konflikt lässt sich Gut und Böse nicht so leicht ausmachen. Freitagnacht waren es die Eltern der Jugendlichen, die auf die Polizei zugegangen sind, um gemeinsam nach einer Lösung zu suchen. Sie forderten ein Gespräch mit einem Verantwortlichen, was ihnen zuvor verweigert wurde.

Sie wollten wissen, warum die Polizei Donnerstagnacht Pfefferspray und Knüppel gegen die Jugendlichen eingesetzt hat. Nachdem Videos vom Geschehen im Internet verbreitet wurden, hat sich die Polizei in den darauf folgenden Nächten weitgehend zurückgehalten. Hoffentlich bleibt das so.

Die Darstellung, dass in Altona ein wildgewordener Mob Jugendlicher unterwegs ist, ist nicht nur einfach falsch. Im schlimmsten Fall provoziert sie am Ende genau das.

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studierte Politikwissenschaft, Philosophie und Ethnologie in Potsdam, Berlin und Mexiko-Stadt und schreibt seit 2009 für die taz. Sie volontierte bei der taz in Hamburg, war dort anschließend Redakteurin, Chefin von Dienst und ab Juli 2017 Redaktionsleiterin. 2019 wechselte sie in die Produktentwicklung der taz und ist verantwortlich für die Digitalisierung der täglichen taz.

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