Kommentar US-Fernsehdebatte: Der charmante Mitt Romney

Beim Fernsehduell der US-Präsidentschaftskandidaten konnte Romney mit Charme punkten. Wahlentscheidend dürfte das nicht sein.

Fernsehduelle sind nicht alles: US-Patriot in Denver. Bild: dapd

Die erste der drei geplanten Debatten zwischen US-Präsident Barack Obama und seinem republikanischen Herausforderer Mitt Romney ist vorbei. Die vielen Experten in den US-Medien verbringen Stunden damit, herauszufinden, wer nun eigentlich gewonnen hat.

Keiner der beiden Kandidaten hat sich einen groben, womöglich wahlentscheidenden Schnitzer geleistet, keiner hat es aber auch vermocht, den anderen festzunageln, mit Argumenten zu stellen und seine Schwächen auf eine Art zu entblößen, die für die wenigen derzeit noch unentschlossenen Wechselwähler einen Unterschied machen könnte.

Ziel des Moderators Jim Lehrer war es, die Unterschiede in den Ansichten beider Kandidaten so deutlich wie möglich werden zu lassen. Bei dieser ersten Debatte ging es um die Wirtschaft, das Gesundheitssystem und die Rolle der Regierung in der Gesellschaft, und die Unterschiede sind tatsächlich deutlich geworden. Allerdings ohne dass eine Seite daraus einen klaren Vorteil ziehen konnte.

Beide Seiten blieben dabei, ihre Vorstellungen für die Problemlösungen der kommenden Jahre nicht besonders detailliert vorzutragen. Obama unternahm den Versuch vorzurechnen, dass Romneys Vorstellungen über Steuersenkungen das Haushaltsdefizit weiter vergrößern würde. Romney konterte einfach, dass das insgesamt höhere Steueraufkommen in einer unter seiner Regentschaft wieder wachsenden Wirtschaft für die staatlichen Einnahmeverluste aufkommen würde. Glaube statt Fakten – das entzieht jeder Debatte die Grundlage.

So bleibt letztlich die Frage nach der persönlichen Wirkung, nach der Körpersprache, nach der Art des Auftretens. Pluspunkt Romney. Wenn er sich das zur Maske geratene schiefe Grinsen noch abgewöhnen könnte, was ihn manchmal wie ein zurückgebliebenenes Model für Herrenbekleidung wirken lässt, hätte er alles richtig gemacht: Er sah den Präsidenten an, während der oft auf seine Notizen starrte, er hatte ein paar humorvolle Einfälle (die er seit Monaten geübt hat) und wirkte unspezifisch, aber nicht unsympatisch.

Romney geht der Ruf des arroganten Reichen voraus, Obama der des arroganten Intellektuellen – beide taten ihr bestes, um diesem Image entgegenzuwirken. Aber all das mag ohnehin nur für einen winzigen Bruchteil der WählerInnen interessant sein. In einer stark polarisierten Atmosphäre, wo die Haupttriebkraft beider Seiten die Angst vor der anderen ist – und der Hass die meist unausgesprochene, sublime Message beider Wahlkämpfe, hatte diese Debatte etwas vom Versuch einer Zivilisierung.

Aber das ist, wie wenn man zwei Boxer miteinander Mühle spielen ließe: Enttäuschend, denn eigentlich will man sehen, wie der eine dem anderen den Schädel einschlägt. Die zweite Debatte dürfte nun wohl weniger Zuschauer haben.

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Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org

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