Kommentar US-Vorwahlen: Zerrissen wie nie

Sehr früh im Vorwahlprozess haben die Republikaner in Person von Mitt Romney einen klaren Favoriten für die US-Präsidentenwahl. Doch die Partei ist zerrissen wie nie.

Eigentlich sind Vorwahlen der jeweiligen Oppositionspartei eine Riesenchance. Die Kandidaten und ihre Debatten, ihre Siegesreden und Wahlkampfauftritte bescheren der Opposition Fernsehbilder, von denen sie in normalen Zeiten nur träumen kann. Der jeweilige Präsident muss sich warm anziehen ob der Welle von Kritik und Ablehnung, die ihm entgegenschlägt.

Oder es kommt so wie jetzt. Sehr früh im Vorwahlprozess haben die Republikaner in Person von Mitt Romney einen klaren Favoriten. Und trotzdem zeigt sich die Partei, die von der Tea Party mit ihren staatsfeindlichen und sozialkonservativen Slogans vor sich hergetrieben wird, zerrissen wie nie. Ron Paul, der ewige Kandidat mit seinen radikal-libertären Ideen, ist für die meisten Republikaner unwählbar, liegt aber an zweiter Stelle.

Newt Gingrich, der alte Grantler, Washington-Insider und Lobbyist, scheint vergessen zu haben, dass er selbst gewinnen wollte, und steckt seine ganze Energie in die Aufgabe, Romney zur Strecke zu bringen. Zu Recht attackiert er den Multimillionär für seine Zeit als Heuschrecken-Kapitalist und Jobkiller bei Bain Capital - das aber wäre eigentlich der Job von Obamas Wahlkampfteam, sollte Romney tatsächlich Kandidat werden.

Gingrich zeigt hier die gleiche Flexibilität, die es ihm schon ermöglichte, als Lobbyist für - von den Republikanern bekämpfte - staatliche Gesundheitsausgaben zu werben, als das seinen Kunden Profite versprach. Und die religiöse Rechte hat sich bis heute nicht auf einen Kandidaten einigen können, so dass ihre zersplitterten Wählerstimmen immer nur Romney nutzen, dem einzigen Kandidaten, den sie wirklich nicht leiden können.

All das ist geeignet, Präsident Obama ruhiger schlafen zu lassen. Für eine konstruktive Reformpolitik allerdings, die ohne die Republikaner auch in Zukunft nicht zu machen sein wird, ist dieser durchgedrehte Hühnerhaufen nicht zu gebrauchen. Das ist das eigentliche Desaster.

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Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org

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