Kommentar Ukraine: Steilvorlage für Putin

Die Eskalationspolitik von Klitschko ist fahrlässig. Sie hilft nur den russischen Machthabern: Die verschärfen jetzt die Repressionen.

In Kiew eskaliert die Gewalt. Bild: Reuters

Die ukrainische politische Opposition steckt in einem Dilemma: Einerseits muss sie Aktionismus demonstrieren, um dadurch die Unterstützung derer zurückzugewinnen, die sich frustriert und enttäuscht von ihr abgewandt haben oder im Begriff sind, dies zu tun.

Andererseits haben die jüngsten Entwicklungen mit mehreren Todesopfern gezeigt, dass Ex-Boxweltmeister Vitali Klitschko und seinen Mitstreitern die Kontrolle über die Bewegung - so sie diese denn überhaupt je hatten - entglitten ist.

Wer jetzt, wie die Opposition, der Regierung Ultimaten stellt und von Offensiven spricht, handelt verantwortungslos und grob fahrlässig. Denn derlei Drohkulissen dürften die Gewaltbereitschaft vor allem radikaler Demonstranten weiter befeuern und die Situation weiter eskalieren lassen. Das bedeutet im schlimmsten Fall: noch mehr Tote.

Wie auch immer der Machtkampf in der Ukraine ausgeht: Für den russischen Präsidenten Wladimir Putin ist er eine Steilvorlage. Wieder kann Moskau verbal gegen „den Westen“ zu Felde ziehen. Die ukrainischen Demonstranten sind von den USA und der EU ferngesteuerte und finanzierte Provokateure. Ergo sind die wochenlangen Proteste in der Ukraine eine Einmischung des Westens in die inneren Angelegenheiten des Landes.

Gezielter Druck

Wie fern derartiges Tun Moskau ist, konnte man im vergangenen Jahr besichtigen. Gezielt setzte Russland die Republik Moldau, Georgien und die Ukraine wirtschaftlich unter Druck - drei Ex-Sowjetrepubliken, die sich der Europäischen Union annähern wollten beziehungsweise wollen.

Gleichzeitig nutzt Putin die Proteste beim Nachbarn Ukraine, um zu Hause die Daumenschrauben noch mehr anzuziehen. So verschäfte die Duma dieser Tage Gesetze vom Ausland finanzierte Medien und Extremismus.

Das alles passiert fast unbemerkt, denn alle schauen bereits nach Sotschi. Doch es gilt, sich nicht täuschen zu lassen: Nach den Spielen ist Schluss mit lustig.

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Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.

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