Kommentar Uni Lüneburg: Hochschule in der Grauzone

Der Universität Lüneburg werden Wettbewerbsverstöße vorgeworfen. Kein Wunder, wenn eine Uni wie ein privates Unternehmen geführt wird.

An der Lüneburger Leuphana-Universität rächt sich der Paradigmenwechsel der deutschen Hochschulpolitik: Die schleichende Neuausrichtung von Universitäten als Wirtschaftsunternehmen gibt sie privaten Verwertungsinteressen preis.

Modelle wie die Stiftungsuniversität sind Zwitter: Öffentlich-rechtlich verfasst, doch größtenteils staatlich finanziert, sollen sie autonom wirtschaften - und dabei attraktiv werden für Förderung aus der Wirtschaft. Der Staat hofft, sich so von seiner Verpflichtung zur Hochschulfinanzierung zurückziehen zu können. Doch das ist mit dem Auftrag der Universitäten nicht vereinbar.

Wer die Leitung einer Uni - wie in Lüneburg - Unternehmensberatern in die Hände legt und gleichzeitig für Verluste geradesteht, schafft eine Grauzone zwischen Privatwirtschaft und öffentlichem Sektor. Da darf man sich nicht wundern, wenn Standards öffentlichen Beschaffungswesens umgangen werden: Sie stehen privaten Verwertungsinteressen im Weg.

ist Redakteur bei taz-Nord.

Die staatliche Verwaltung von Institutionen schützt nicht automatisch vor Korruption. Doch der Rückzug des Staates schafft ein Klima, das dazu ermuntert, an den nun einer anderen Logik unterworfenen Einrichtungen mitzuverdienen. Ganz so, wie eine Gewinnbeteiligung für Führungskräfte in Firmen üblich ist, können sich jene nun auch in den Unis als legitimer Profiteur des eigenen Tuns betrachten.

Von den Folgen für den Bildungsauftrag der Hochschulen ganz abgesehen, kann das für den Staat auch materielle Konsequenzen haben. Denn in Lüneburg greift das unselige Prinzip, Gewinne zu privatisieren und Verluste zu sozialisieren. Die Kosten, die durch das unzulängliche Ausschreibungsverfahren entstanden sein dürften, wird am Ende das Land Niedersachsen tragen - das die Leuphana stets als Modelluniversität lobte.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Seit 2006 bei der taz, zuerst bei der taz Nord in Bremen, seit 2014 im Ressort Reportage und Recherche. Im Ch. Links Verlag erschien von ihm im September 2023 "Endzeit. Die neue Angst vor dem Untergang und der Kampf um unsere Zukunft". 2022 und 2019 gab er den Atlas der Migration der Rosa-Luxemburg-Stiftung mit heraus. Zuvor schrieb er "Die Bleibenden", eine Geschichte der Flüchtlingsbewegung, "Diktatoren als Türsteher" (mit Simone Schlindwein) und "Angriff auf Europa" (mit M. Gürgen, P. Hecht. S. am Orde und N. Horaczek); alle erschienen im Ch. Links Verlag. Seit 2018 ist er Autor des Atlas der Zivilgesellschaft von Brot für die Welt. 2020/'21 war er als Stipendiat am Max Planck Institut für Völkerrecht in Heidelberg. Auf Bluesky: chrjkb.bsky.social

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.