Kommentar Untersuchungsausschuss: Snowdens Wert als Zeuge

Edward Snowden kann jetzt zeigen, dass er mehr als ein Fachmann ist, der zu den Dateien wenig sagen kann. Denn dann wird es spannend.

Ed Snowden hat Asyl verdient – unabhängig von einer Aussage. Bild: dpa

Der NSA-Untersuchungsausschuss hat Ed Snowden einstimmig als Zeugen geladen. Das ist ein guter erster Schritt, denn die Einstimmigkeit wäre nicht nötig gewesen. Für die Ladung hätte der Wunsch der Opposition genügt.

Es ist aber nicht verwunderlich, dass die Opposition den Wunsch, Snowden sogleich nach Deutschland zu holen, (noch) nicht realisieren konnte. In Verfahrensfragen setzt sich im Konfliktfall die Mehrheit durch. Das letzte Wort ist hier aber noch nicht gesprochen.

Kein Zweifel: Ed Snowden hat für seine Enthüllungen über die ausufernde Überwachung seitens amerikanischer und britischer Geheimdienste Dank verdient. Es ist eine Schande für die westliche Welt, diesen Aufklärer ausgerechnet in Moskau, dem Hort der Gegenaufklärung, schmoren zu lassen.

Ganz unabhängig von jeder Aussage vor dem deutschen Untersuchungsausschuss sollte er einen sicheren Aufenthalt in Deutschland oder einem anderen westlichen Staat bekommen, der ihn nicht in die USA ausliefert.

Fast schon skurril

Ebenso klar ist: Snowden kann in Moskau wohl auch nicht frei aussagen. Bisher steht sein Asyl unter der Bedingung, dass er den USA nicht schadet. Diese Bedingung mutet in der augenblicklichen Ost-West-Konfrontation zwar fast schon skurril an.

Aber niemand weiß, welche Deals hinter den Kulissen laufen, und wann Putin einen Vorwand sucht, Snowden loszuwerden. Offiziell endet das Asyl ohnehin im Sommer.

Frei aussagen kann Snowden nur, wenn er einen dauerhaften Aufenthalt in einem sicheren Land hat. Da in der Bundesrepublik das Bedürfnis an Aufklärung am größten ist, läge Deutschland nahe.

Viel hängt jetzt davon ab, dass Snowden seinen Wert als Zeuge belegt oder zumindest andeutet. Hans-Georg Maaßen, der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, ist zum Beispiel sehr skeptisch, was Snowdens Insider-Kenntnisse angeht.

Snowden sei nur ein System-Administrator, der zwar umfassenden Zugang zum Computersystem der NSA hatte, aber zum Inhalt der von ihm besorgten Dateien wenig sagen könne. Dies zeige der bisherige Inhalt seiner öffentlichen Auftritte und Interviews.

Nur ein technischer Berater?

Ganz anders klingt es, wenn Snowdens Anwalt Wolfgang Kaleck über dessen „einzigartige berufliche Stellung" spricht. Snowden sei nicht nur "technischer Berater“, sondern auch "operationeller Analyst" gewesen. Er habe mit „führenden Angestellten der CIA und der NSA“ zu tun gehabt und dabei die „Behördenpolitik“ mitgestaltet.

Snowden wird also in der ersten Anhörung oder in derem Vorfeld einige Testfragen beantworten müssen, um die skeptischen Abgeordneten zu überzeugen. Wenn Snowden aber nicht nur Überbringer der NSA-Dokumente war, sondern diese mit tiefem und aktuellen Insiderwissen auch erläutern kann, dann ist er die zentrale Figur des Ausschusses.

Dann wird auch eine neue politische Dynamik entstehen, Snowden nach Deutschland zu holen. Die SPD wird dann der ablehnenden CDU/CSU kaum noch den Rücken frei halten wollen.

Wenn Snowden wirklich vertiefte Kenntnisse über die "Behördenpolitik" der NSA hat, dann dürfte selbst die USA ein Interesse haben, dass Snowden nicht in Moskau bleibt. Eine Übersiedlung nach Deutschland könnte für die USA so gesehen das kleinere Übel sein. Das wird auch den CDU-Hardlinern ein Einlenken erleichtern.

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Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

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