Kommentar Vaterschaftstests: Ende des Mittelalters

Mit dem neuen Gesetz zu Vaterschaftstests heißt es: Jeder ist für seine Eizellen und Samen verantwortlich. Doch auch bei diesen Regeln können Eltern und Gerichte tricksen.

Väter, die daran zweifeln, dass ein Kind von ihnen stammt, können diese Frage nun legal klären lassen. Damit endet in der deutschen Familienpolitik das Mittelalter. Zuvor konnten zweifelnde Väter nur zwei Jahre lang ihre Vaterschaft anfechten. Wenn ihnen später Bedenken kamen, nützte auch ein heimlicher DNA-Test nichts mehr. Der wurde nämlich vor Gericht nicht anerkannt.

Die bisherige Regelung sollte angeblich dem Wohl des Kindes dienen. So konnte sich ein Vater nicht einfach von ihm lossagen oder musste zumindest weiterzahlen. Das aber war purer paternalistischer Zwang des Staates gegenüber den Vätern.

Seit man die Abstammung eines Kindes zweifelsfrei feststellen kann, sind solche Regelungen schlicht anachronistisch. Frauen sollten Männer nicht dazu zwingen können, für Kinder zu zahlen, die nicht die ihren sind. Und Männer sollten im Gegenzug auch für per Seitensprung gezeugte Kinder verantwortlich sein und im Zweifelsfall auch finanziell für sie sorgen. Jetzt heißt es: Jeder ist für seine Eizellen und Samen selbst verantwortlich.

Der Geschlechterkrieg ist damit allerdings noch nicht vorbei; er wird allenfalls etwas subtiler. Und: Er wird weiter auf dem Rücken der Kinder ausgefochten. Es soll ja Frauen geben, die sich Kinder "erschwindeln", indem sie vortäuschen, sie nähmen die Pille, und später den Mann zum Zahlen zwingen. Männer dagegen rechnen sich gerne arm, um keinen Unterhalt zahlen zu müssen. Auch bei den neuen Regeln können Eltern und Gerichte weiterhin tricksen. Das Gesetz versucht nämlich, das Wohl des Kindes zu berücksichtigen: Ist dem Kind die Prüfung der Vaterschaft nicht zuzumuten, wird das Verfahren auf Eis gelegt. Stimmt das Gericht nun einer Mutter zu, die meint, ihr Kind sei zu labil? Oder dem Vater, der dies vehement bestreitet? Solche Untersuchungen werden das Leben eines Kindes nicht einfacher machen.

Generell ist zu begrüßen, dass ein Kind am Ende Klarheit über seine Abstammung hat. Aber gegen Männer und Frauen, die ihre Kriege über ihre Kinder ausfechten, hilft eben auch das gerechteste und klarste Verfahren nicht. Ihrem Kind werden diese Eltern erst dann gerecht, wenn sie es nicht mehr als Kampfmittel missbrauchen.

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Jahrgang 1968, ist seit langem Redakteurin für Geschlechterpolitik in der taz und im kulturradio vom RBB. Von ihr erschien unter anderem das Buch „Der Kopftuchstreit. Das Abendland und ein Quadratmeter Islam“. 2009 wurde sie mit dem Preis „Der lange Atem“ des Journalistenverbands Berlin Brandenburg für die Berichterstattung über Geschlechterstereotype ausgezeichnet.

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