Kommentar Wahl in Frankreich: Weichenstellung in Paris

Das Spektrum ist groß, die Optionen sind klar formuliert. Sie bringen die französischen Massen in Bewegung und rufen Engagement hervor.

Mehrere Männer und eine Frau stehen in einem Fernsehstudio herum

Für jeden Wähler was dabei: die vier aussichtsreichsten Kandidaten beim Fernsehduell Foto: reuters

Endlich startet der Wahlkampf, denn bis jetzt hatte er für die Präsidentenwahl 2017 nicht wirklich begonnen. Die Affäre des konservativen Kandidaten François Fillon hat lange die politische Debatte überlagert, und diese Affäre wiederum wirkte wie eine Reaktion auf die von Marine Le Pen vom Front National.

Die TV-Debatte vom Montagabend, deren Qualität unbestritten ist, widerlegt eine Vielzahl von desillusionierten Kommentatoren: Die Wähler haben durchaus eine offene Wahl vor sich, klar und mit durchargumentierten Positionen. Eine Wahl, die für die Zukunft des Landes entscheidend ist. Die Wahl ist wie eine Kreuzung, deren Straßen in entgegengesetzte Richtungen führen.

Urteilen Sie selbst: Marine Le Pen wirbt für einen nationalistischen Bruch, xenophob und antieuropäisch; François Fillon – wenn er gerade nicht auf Befragungen durch die Justiz antwortet – verteidigt ein liberales und konservatives Projekt, das die toten Geister von Margaret Thatcher wieder zum Leben erwecken will; Emmanuel Macron propagiert einen verjüngten Zentrismus, der auf einer sozialliberalen Politik basiert; und schließlich Benoît Hamon und Jean-Luc Mélanchon mit rosafarbenen, grünen und roten Nuancen, die einen sozialökologischen Aufbruch wollen, der sich auf eine kräftige Wiederbelebung des Konsums, das heißt des Wachstums, stützt.

Werden die Franzosen sich in diesem Wahlkampf politisch wiederfinden, zumindest im ersten Wahlgang, vor der Stichwahl? Das Spektrum ist groß, die Optionen sind klar formuliert.

Diese Optionen und ihre Protagonisten bringen die französischen Massen in Bewegung, rufen Engagement hervor und vereinigen jeder auf seine Weise ungefähr ein Viertel der Wählerschaft. Bevor sie wieder in das ambivalente Entzücken einer „nützlichen“ Stimmabgabe und eines gekünstelten Kalküls eintauchen, werden die Wähler ihre Wahl sehr bewusst treffen.

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64, arbeitet seit 1981 mit Unterbrechungen bei der Liberation, deren Chefredakteur er seit 2014 ist. Sein aktuelles Sachbuch „Le réveil Français“, erschienen im Verlag Stock, ist ein Plädoyer für mehr Optimismus in Frankreich.[Link auf http://www.liberation.fr/]

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