Kommentar Wahl in Montenegro: Risiko Nato-Beitritt

Beitrittsbefürworter Djukanovic hat die Wahl gewonnen, doch er braucht Partner. Das Land ist gespalten und Russland sieht es als Einflussgebiet.

Eine Frau trägt ein T-Shirt mit dem Gesicht Djucanovics und hält eine US-Fahne in die Höhe, die über ihre Schultern fällt

„Go west – Life is peaceful there“, wussten schon die Pet Shop Boys Foto: ap

Nato-Beitritt ja oder nein – so lautete die über Montenegro hinaus entscheidende Frage bei der Parlamentswahl am vergangenen Sonntag. Mit der Antwort kann der Beitrittsbefürworter und montenegrinische Ministerpräsident Milo Djukanovic nur bedingt zufrieden sein. Zwar ist seine Demokratische Partei der Sozialisten (DPS) erneut stärkste Kraft geworden. Doch ob das für eine absolute Mehrheit reicht, ist noch nicht ausgemacht. Will heißen: Der Mann, der die Politik in der ex-jugoslawischen Republik seit Anfang der 90er Jahre auf wechselnden Führungsposten maßgeblich mitbestimmt und sich in dieser Zeit schamlos bereichert hat, wird Partner auf seinem Weg nach Westen brauchen.

Genau da liegt das Problem. Denn die montenegrische Gesellschaft ist in dieser Frage komplett gespalten. Dem Lager Djukanovic steht eine etwa gleich starke Opposition gegenüber, die sich zwar in Teilen mit einer EU-Perspektive anfreunden kann, aber einem Beitritt zur Nato skeptisch bis ablehnend gegenüber steht.

Es ist ein offenes Geheimnis, dass vor allem auch Russland – nicht zuletzt mit finanziellen Mitteln – im Wahlkampf auf Seiten der Opposition tatkräftig mitgemischt hat. Moskau betrachtet eben nicht nur das „nahe Ausland“, das heißt die ehemaligen Sowjetrepubliken, sondern auch Teile des Balkans als seine Einflusssphäre. Dazu passt dann auch die Drohung an die Adresse Djukanovics, dass ein Beitritt Montenegros zur Nato Konsequenzen haben werde.

Auch wenn vor diesem Hintergrund ein militärisches Schutzbefürfnis der montenegrischen Regierung nachvollziehbar ist: Ein Nato-Beitritt birgt angesichts der ohnehin unterkühlten Ost-West-Beziehungen Sprengstoff. Und so sollte Djujanovic, so er an der Macht bleibt, ernsthaft über ein Referendum nachdenken. Das würde dann vielleicht noch ein paar heimatliche Skeptiker mehr mit an Bord holen.

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Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.

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