Kommentar Wahlen in Nepal: Besser als ihr Ruf

Das Votum von Nepals Wählerinnen und Wählern zeigt vor allem eines: dass Armut und Unterdrückung ein Ausmaß erreicht haben, das viele Menschen nicht mehr ertragen können.

Die Menschen in Nepal haben bei den Wahlen zur verfassunggebenden Versammlung klar den ehemaligen maoistischen Rebellen ihr Vertrauen geschenkt. Droht Nepal damit, in eine kommunistische Diktatur abzugleiten? Die USA führen die Maoisten als terroristische Vereinigung. Bei Interpol liegen Haftbefehle gegen elf hochrangige Maoisten vor, etwa gegen ihren Anführer Prachanda und den Chefideologen Baburam Bhattarai.

Die Sorge ist unbegründet. Bereits kurz nach der Wahl hat Exrebellenchef Prachanda angekündigt, seine Partei werde zum Mehrparteiensystem stehen. Gestern unterstrich er diese Aussage und kündigte an, er werde sich für gute Beziehungen zu den USA bemühen. Kommunisten sind in Südasien weit besser als ihr Ruf.

Denn das Votum von Nepals Wählerinnen und Wählern und ihre Unterstützung der Rebellen im Bürgerkrieg zeigt vor allem eines: dass Armut und Unterdrückung ganzer Volksgruppen in einem der ärmsten Länder der Welt ein Ausmaß erreicht haben, das viele Menschen nicht mehr ertragen können. Dafür ist das jahrhundertealte Feudalsystem mit dem Gottkönig an der Spitze verantwortlich. Es ist nur folgerichtig, dass nun das Ende dieses Systems gekommen scheint.

Ein Blick nach Indien zeigt, dass demokratisch gewählte kommunistische Landesregierungen im Rahmen eines Mehrparteiensystems durchaus mehrheitsfähige Entscheidungen treffen können. Etwa im südindischen Kerala: Dort sperren sich die seit Langem regierenden Kommunisten gegen Investitionen multinationaler Konzerne. Filialen ausländischer Banken sucht man vergeblich, weswegen Kerala in Weltbankberichten stets schlecht abschneidet. Dafür können in Kerala 94 Prozent der Menschen lesen und schreiben (im indischen Landesdurchschnitt ist es etwa die Hälfte), die Menschen haben Zugang zu erstklassiger kostenloser medizinischer Versorgung, Elendsviertel gibt es in den Städten des Bundesstaates nicht.

Das Wahlergebnis in Nepal ist daher kein Grund zur Verunsicherung, sondern eine Chance für die verarmte Bevölkerung. SASCHA ZASTIRAL

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