Kommentar Wahlrechtsreform: Den Versuch ists wert

Ohne Grundgesetzänderung wird es ein Wahlrecht für alle, die hier seit Jahren leben, arbeiten und Steuern zahlen nicht geben. Aber dafür zu kämpfen lohnt sich.

Bremen versuchts wenigstens. Wahrscheinlich wird das Ländchen trotzdem scheitern mit dem Versuch, immerhin die Kommunalwahlen allen BürgerInnen zugänglich zu machen. Zwar hat SPD-Fraktionschef Björn Tschöpe recht, wenn er darauf hinweist, dass seit 1992 das Grundgesetz gerade in dieser Frage eine Ausnahme formuliert. Und ja, die korrigiert ausdrücklich das einschlägige Bundesverfassungsgerichts-Urteil.

Aber eben: Diese Ausnahme steht im Grundgesetz. Und zweitens: Sie ist so verfassungsuntypisch kleinteilig formuliert, dass sie sich jeder Weitung sperrt. Unmöglich sie auch auf Drittstaatler anzuwenden, weil ausdrücklich EU-BürgerInnen genannt sind. Unmöglich auch, deren Mitbestimmung auf Landesebene zu übertragen, weil Artikel 28 diese auf "Wahlen in Kreisen und Gemeinden" beschränkt.

Diese Ausnahme bestätigt nur das Prinzip des 1990er-Urteils. Sie bestätigt den völkischen Volksbegriff. Erst wenn der im Grundgesetz verändert wird, ergibt sich die Chance, Menschen, die nicht aus Deutschland kommen, aber seit Jahren hier leben, arbeiten und Steuern zahlen, nicht mehr als vom Gemeinwesen ausgeschlossene Unterklassige zu behandeln. Sondern als gleichrangige Bürger und - Menschen.

Das allerdings ist ein wichtiges Ziel. Sich dafür eine blutige Nase zu holen - muss am Ende jene beschämen, die Nasen blutig schlagen.

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Jahrgang 1972. Seit 2002 bei taz.nord in Bremen als Fachkraft für Agrar, Oper und Abseitiges tätig. Alexander-Rhomberg-Preis 2002.

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