Kommentar Weltkulturerbe: Moralische Rückendeckung

Die Geburtskirche in Bethlehem ist nun Weltkulturerbe. Das Unesco-Komitee verhilft den Palästinensern mit der Abstimmung zu internationaler Anerkennung.

BETHLEHEM taz | Wer sich die Liste der Stätten ansieht, die als Weltkulturerbe aufgezeichnet sind, muss den Gedanken, die Geburtskirche in Bethlehem nicht dazuzuschreiben, als absurd zurückweisen. Natürlich gehört die Kirche aus religiösen, kulturellen und historischen Gründen dazu.

Fast noch absurder ist die Idee, Israel hätte den Antrag bei der Unesco einreichen sollen. Die Geburtskirche liegt auf palästinensischem Land. Israel als Co-Antragsteller zum Teilhaber am kulturellen palästinensischen Erbe zu machen, käme einer Absegnung der Besatzung gleich. Nicht der PLO-Antrag bei der Unesco und ihre Entscheidung für eine Anerkennung gefährden den Friedensprozess, sondern die Besatzungspolitik und die Ausbreitung der Siedler im Westjordanland.

Für die Menschen in Bethlehem, in den Dörfern bei Nablus, Ramallah oder Hebron ändert sich durch den ehrenvollen neuen Status der Geburtskirche unmittelbar nichts. Trotzdem gibt das Weltkulturerbe-Komitee den Palästinensern mit der Abstimmung moralische Rückendeckung. Schritt für Schritt erkämpfen sie sich internationale Anerkennung.

Der politische Erfolg, den die PLO diese Woche verbuchen konnte, legt den Grundstein für kommende Anträge. Die Mitglieder des Weltkulturerbe-Komitees werden gezwungen sein, noch deutlicher Farbe zu bekennen, für oder wider den Staat Palästina. Die Altstadt Jerusalems steht als nächstes auf der palästinensischen Liste. Früher oder später wird auch das Grab des Stammvaters Abraham oder Ibrahim in Hebron zur Debatte kommen, das Muslimen wie Juden gleichermaßen heilig ist.

Der neue Weg der Palästinenser ist legitim und klug. Sie entfernen sich von dem Image des Terroristen und gehen auf Abstand zu dem früheren PLO-Chef Jassir Arafat, der dem bewaffneten Kampf gegen die Besatzung nie wirklich abgesagt hat. Der neue Palästinenser ist Diplomat. Er weiß, die auf internationalen Bühnen herrschenden Regeln für seine politischen Zwecke zu nutzen. Nun sollte sich umgekehrt die westliche Welt an die eigenen Regeln halten und den Palästinensern unvoreingenommen faire Chancen zugestehen.

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1961 in Berlin geboren und seit 2021 Co-Leiterin der Meinungsredaktion. Von 1999 bis 2019 taz-Nahostkorrespondentin in Israel und Palästina.

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