Kommentar ZDF-Chefredakteur: Schamlose Machtspiele

Die Dreistigkeit, mit der sich die Union im ZDF-Verwaltungsrat durchsetzte, ist ein Generalangriff auf die journalistische Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

Der Chefredakteur des Zweiten Deutschen Fernsehens heißt ab April 2010 nicht mehr Nikolaus Brender. Das müsste eigentlich kein Drama sein, auch wenn Brender in den letzten Monaten zum übergroßen Säulenheiligen des Journalismus stilisiert wurde. Selbst Schnauzbärte sind ersetzbar, wenn auch schwer.

Doch es geht gar nicht um den "Fall Brender", sondern vielmehr um den "Fall Koch". Die Dreistigkeit, mit der sich die Union aus den absurdesten Motiven - darunter politische Rache und verletzte persönliche Eitelkeit - im Verwaltungsrat des Senders durchsetzte, ist ein Generalangriff auf die journalistische Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

Ob sich nun viele KandidatInnen für den im April 2010 frei werdenden Spitzenjob in Mainz finden? Schließlich gerät nun jede(r) unter Generalverdacht, ZDF-Chefredakteur von Koch und Merkels Gnaden zu werden. Dass sich die CDU/CSU das Recht herausnimmt, die verfassungsmäßig gebotene Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mit Füßen zu treten, hat der hessische Ministerpräsident gestern nach der Sitzung noch einmal ohne jede Scham betont.

Nun ist Arbeitsteilung gefragt: Für das ZDF ist es lebenswichtig, sich jetzt nicht kirre machen zu lassen. Unabhängigkeit und Standfestigkeit sind die entscheidenden Kriterien für jeden Neuanfang. Dass der Intendant zudem neue Regeln und eine klarere Kompetenzverteilung zwischen seinem Amt und den politisch durchseuchten Machtzentren des ZDF verlangt, ist gut und wichtig. An den Parteien ist es jetzt, ihren eigenen verfassungsmäßigen Auftrag ernst zu nehmen: Sie wirken bekanntlich an der politischen Willensbildung der demokratischen Gesellschaft mit - und was die will, ist klar: ein Urteil aus Karlsruhe, das die Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wiederherstellt und langfristig sichert.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.