Kommentar "Zulässige Maßnahmen": Kann denn Würgen Sünde sein?

Dass 1996 einem Gericht die niedrigschwellige Strangulationsfolter noch verhältnismäßig erscheinen konnte, liegt auch daran, dass sie damals das einzig verfügbare Mittel war.

Es hört sich schlimm an. Einen Tabubruch aber hat der Bremer Amtsrichter nicht begangen: Wie er hat schon das Oberlandesgericht Celle das Einhand-Würgen als zulässige Maßnahme der Beweissicherung definiert. 1996 war das - lang, lang ists her.

Da genau aber liegt das Problem: Auf Druck des europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sind die rabiatesten Formen der Beweissicherung im Kampf gegen die Betäubungsmittelplage abgeschafft worden - allen voran natürlich die zwangsweise Vergabe von Brechmitteln. Verzichtet wird auf die Beweissicherung deshalb nicht.

Ihre Verfahren sind aber andere - humanere geworden. Das hat aber auch Rückwirkungen auf die behauptete Notwendigkeit der verbliebenen Maßnahmen: Und das hat nicht nur Einfluss darauf, wie wir polizeiliche Rüpel-Methoden heute empfinden. Denn, dass 1996 einem Gericht die niedrigschwellige Strangulationsfolter noch verhältnismäßig erscheinen konnte, liegt auch daran, dass sie damals das einzig verfügbare Mittel war.

Heute ist sie das nicht mehr. An mutmaßlich geschluckte Koks-Kügelchen ist jetzt per Drogenklo auch anders zu kommen. Also kann der selbst für den versiertesten Beamten kaum kontrollierbare Würgegriff nicht mehr für notwendig gehalten werden. Und kann, wegen der Verletzungsgefahr auch eben nicht verhältnismäßig sein.

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Jahrgang 1972. Seit 2002 bei taz.nord in Bremen als Fachkraft für Agrar, Oper und Abseitiges tätig. Alexander-Rhomberg-Preis 2002.

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