Kommentar italienischer Wahlkampf: Alle gegen die 5-Sterne-Bewegung

Glaubt man der Rechten um Silvio Berlusconi und der gemäßigten Linken, dann droht Italien vor allem eine Gefahr: ein Sieg des Movimento5Stelle.

das Gesicht eines alten Mannes

Kein schöner Anblick: Silvio Belusconi am 15. Februar im Fersehstudio von La7 Foto: dpa

In knapp zwei Wochen wählt Italien sein neues Parlament. Aktuellen Umfragen zufolge in einem Klima absoluter Politikmüdigkeit: 95 Prozent der befragten Italiener misstrauen den Parteien. Doch glaubt man der Rechten um Silvio Berlusconi oder der gemäßigt linken Partito Democratico (PD) unter Matteo Renzi, dann droht dem Land vor allem eine Gefahr: ein Sieg des Movimento5Stelle (M5S). Die Fünf Sterne seien ebenso unberechenbar wie unfähig, heißt es im Chor.

Und jetzt scheint ein schöner Skandal gefunden, um die junge Bewegung gründlich zu diskreditieren. Wohl ein Dutzend ihrer Abgeordneten haben sich in den letzten Jahren nicht an die parteiinterne Vorgabe gehalten, ein Gutteil ihrer Diäten und Aufwandsentschädigungen zurückzuerstatten und an einen Kreditfonds für Kleinunternehmen abzuführen. Gesetz haben sie keins gebrochen, sie haben bloß das, was die Abgeordneten aller anderen Parteien ganz selbstverständlich kassiert haben, auch in die eigenen Taschen gesteckt.

Doch die anderen triumphieren. „Auch nicht anders als die anderen“ seien die Fünf Sterne, freut sich zum Beispiel Renzi. Ihm entgeht dabei, dass das M5S die Sünder in den eigenen Reihen sofort suspendiert hat. Auf diese Idee kämen weder die PD noch erst recht Berlusconis Forza Italia. Gleich 27 Kandidaten der PD und etwa 50 der Rechten haben Ermittlungsverfahren oder Prozesse laufen, viele von ihnen, weil sie Millionen Euro aus den Fraktionskassen der Regionalparlamente für private Vergnügen zweckentfremdet haben sollen.

Und dann wäre da noch Silvio Berlusconi selbst, der vorbestrafte Steuerbetrüger, der deshalb gar nicht erst zur Wahl antreten darf, aber ganz selbstverständlich seine Partei anführt. Über ihn verliert auch die PD kein Wort mehr.

Dieses Spiel funktioniert, weil die Medien es mitspielen. Zum Beispiel die Tageszeitung La Repubblica, früher mal ein Anti-Berlusconi-Blatt: Tag für Tag hebt sie den vorgeblichen 5-Sterne-Skandal auf die Titelseite, verliert aber über Berlusconi kein Wort mehr. Dem Signore Bunga-Bunga selbst mag das nützen, doch ob es der 5-Sterne-Bewegung schadet, ist mehr als fraglich. Deren Wähler jedenfalls zeigten sich in den letzten Meinungsumfragen unbeeindruckt.

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Promovierter Politologe, 1985-1995 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Unis Duisburg und Essen, seit 1996 als Journalist in Rom, seit 2000 taz-Korrespondent, daneben tätig für deutsche Rundfunkanstalten, das italienische Wochenmagazin „Internazionale“ und als Wissenschaftlicher Mitarbeiter für das Büro Rom der Friedrich-Ebert-Stiftung.

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