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Diese Form der freiwilligen Selbstregulierung ist der alte Trick der Kaderpolitiker, die am liebsten alles beim Alten belassen wollen.
Hier ist es nicht anders: Anstatt dass eine Regulierungsbehörde die ganzen Schummellebensmittel vom Markt nehmen lässt bzw. verbietet darf sich jetzt jeder einzelne Verbraucher durch den Datenwust wühlen. Und wer das nicht tut: selber schuld!
Die Regierung kann dann ja immer noch sagen, sie hätte ja gewarnt...
Nunja, von einer CSU-Ministerin Verbraucherschutz zu erwarten, ist ungefähr so realistisch, wie von Broder Sachlichkeit zu erwarten.
Das Verbraucher- bzw. vorher Landwirtschaftsministerium ist Jahrzehnte lang von CDU-Politikern geführt worden. Und die hatten allesamt für die Belange der Verbraucher bestenfalls ein müdes Lächeln übrig. Renate Künast durfte bei dem Versuch, diesen Augiasstall auszumisten, nach knapp 5 Jahren konstatieren, dass ihr leider keine Flüsse der notwendigen Größe zur Verfügung standen.
Es wäre interessanter, wenn Quoka u.ä. Einkaufskorb-Scan-Apps auf solche Daten zugreifen könnten.
Ich würde als Verbraucher supergerne so eine Site aufziehen und den echten Markt zu etablieren und Mogler aufzudecken. Aber sicher nicht um abgemahnt zu werden und bis zum Verfassungsgericht klagen zu müssen.
Piraten, digiges u.ä. interessiert es auch nicht.
Also lebt weiter mit Aigners überlegener Webseite die ich glaube 700.000 Euro gekostet hat während meine Site kostenlos gewesen wäre.
Transparenz ist der Feind der Miswirtschaft. Systematische Transparenz wird systemische Transparenz. Doof nur wenn keiner einem hilft und vor Verfolgung schützt.
Das Web könnte viel mehr für viel billiger als wie unterm Adel. Wenn man dürfte.
Konzerne jubeln uns mit großer Geste Preiserhöhungen unter. Oder sie überfordern uns mit Self-Service-Touchscreens. Und wir machen auch noch mit.
Kommentar lebensmittelklarheit.de: Aigners Mogelpackung
Der Internetpranger lebensmittelklarheit.de ist in Wirklichkeit dazu da, schärfere Vorschriften für Lebensmittelproduzenten zu verhindern. Das ist "hinterfotzig".
"Hinterfotzig" würde man im bayerischen Dialekt von Verbraucherministerin Ilse Aigner wohl die Strategie hinter dem Internetportal lebensmittelklarheit.de nennen. Die CSU-Politikerin finanziert die Seite offiziell, um die Industrie zu einer ehrlicheren Kennzeichnung von Nahrungsmitteln zu bringen.
In Wirklichkeit dient das Portal dazu, schärfere Vorschriften gegen Verbrauchertäuschung zu verhindern. Wenn das nicht hinterlistig - hochdeutsch für "hinterfotzig" - ist …
Dass es in Wirklichkeit um Verzögerung geht, zeigt Aigners Bilanz aus 100 Tagen lebensmittelklarheit.de. Mehrmals wurde sie gefragt, ob sie nach der Masse der Beschwerden von Konsumenten bei dem Portal über Verbraucher täuschende Produkte Gesetze ändern wolle. Jedes Mal wich die Ministerin aus.
Stattdessen nutzt sie das Portal, um auf Zeit zu spielen. Die Seite solle erst einmal Hinweise auf Regulierungslücken liefern, sagt Aigner. Dabei sind die Probleme seit Jahren bekannt. Dass Milch der Marke "Mark Brandenburg" oft nicht von dort, sondern aus Nordrhein-Westfalen kommt, hat der Hersteller schon Anfang des Jahres in der taz eingeräumt.
Dass "Fitnessflakes" nichts mit Fitness, aber viel mit Zucker zu tun haben, veröffentlichte die Verbraucherorganisation Foodwatch bereits im Juni 2008. Wie auch die Tatsache, dass solche Missstände mit den jetzigen Gesetzen nicht in den Griff zu bekommen sind.
Jetzt kann Aigner all das auch auf lebensmittelklarheit.de nachlesen. Doch Gesetze ändert sie immer noch nicht. Stattdessen will sie im Rahmen von "Verbraucherforschung" das Ganze wissenschaftlich untersuchen lassen. Das kann dauern. Vielleicht sollte die Ministerin einfach sagen, dass sie der Industrie strengere Regeln ersparen will - das wäre zumindest aufrichtig.
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Kommentar von
Jost Maurin
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1974. Er schreibt vor allem zu Ernährungsfragen – etwa über Agrarpolitik, Gentechnik, Pestizide, Verbraucherschutz und die Lebensmittelindustrie. 2022 nominiert für den Deutschen Reporter:innen-Preis 2022 in der Kategorie Essay, 2018, 2017 und 2014 Journalistenpreis "Grüne Reportage". 2015 "Bester Zweiter" beim Deutschen Journalistenpreis. 2013 nominiert für den "Langen Atem". Bevor er zur taz kam, war er Redakteur bei der Nachrichtenagentur Reuters und Volontär bei der Süddeutschen Zeitung.