Kommentar neues Kabinett in Frankreich: In der Garantieperiode

Macron hat Politiker mit Vergangenheit durch weniger exponierte Fachleute ersetzt. Er zahlt einen hohen Preis, um die Regierung vor Vorwürfen zu schützen.

Macron guckt skeptisch

Macron ist als Saubermann angetreten. Jetzt muss er seine Versprechen einhalten Foto: dpa

Mit einer Regierungsumbildung hat Präsident Macron einen Skandal im Keime erstickt. Er musste dafür seinen väterlichen Mentor, den Zentrumsdemokraten François Bayrou opfern. Mit dem bisherigen Justizminister mussten drei weitere Minister unter dem öffentlichen Druck nach nur 35 Tagen Amtszeit gehen.

Das ist ein enormer Preis, um die Regierung vor Vorwürfen und Gerüchten zu schützen. Doch es ging bereits um die Glaubwürdigkeit und das Versprechen an die Wähler, dass mit der Vergangenheit und den allzu lange tolerierten Schummeleien zur Parteifinanzierung gründlich aufgeräumt werde.

Macron ist als Saubermann angetreten und gewählt worden. Jetzt muss er seine Garantieleistung einhalten. Wenn es um die Redlichkeit der Politiker geht, akzeptieren die WählerInnen heute nicht die geringsten Zweifel an der einwandfreien Führung. Diese Haltung hat Macron mit seiner Wahlkampagne selber gefördert und genutzt, um seinen konservativen Gegner Fillon wegen der mutmaßlichen Scheinbeschäftigung seiner Gattin Penelope als Konkurrenten zu eliminieren.

Die Grundwelle der Moralisierung musste unweigerlich Macron selber erreichen. Jetzt werden seine eigenen Leute mit den selben hohen Ansprüchen gemessen, mit denen die Öffentlichkeit die Bisherigen von links und rechts für unhaltbar erklärt hatte. Die Verbündeten von Macrons En marche, Bayrous zentrumsdemokratische Partei MoDem, gehört auch dieser als überholt geltenden Alten Welt an.

Dem Präsidenten blieb nichts anderes übrig, als vorsorglich alle Angriffsflächen zu entfernen. Er hat in der neuen Regierung die Politiker mit Vergangenheit durch weniger exponierte Fachleute ersetzt. Damit schafft er eine neue Regel. Bisher musste ein Regierungsmitglied zurücktreten, wenn ein Strafverfahren eingeleitet wurde, jetzt reicht der bloße Verdacht oder gar ein Gerücht. Ob das wirklich eine Garantie für mehr Moral in der Politik ist?

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Frankreich-Korrespondent der taz seit 2009, schreibt aus Paris über Politik, Wirtschaft, Umweltfragen und Gesellschaft. Gelegentlich auch für „Die Presse“ (Wien) und die „Neue Zürcher Zeitung“.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.