Kommentar vertrauliche Geburt: Gute Idee, aber keine Lösung

Vertrauliche Geburten statt Babyklappen zu ermöglichen, hilft möglicherweise den Kindern. Doch könnte es die betroffenen Mütter in aussichtslose Situationen drängen.

Schon die Wortwahl stimmt milde. „Vertrauliche Geburt“ heißt das neue Gesetzgebungsvorhaben der Familienministerin. Und das klingt ja nun, im Gegensatz zur „Babyklappe“, schon eher nach jener Wärme und Geborgenheit, die Neugeborene umfangen sollte.

Die vertrauliche, sprich: die anonyme Entbindung in einem Krankenhaus soll die rund hundert Babyklappen in diesem Land überflüssig machen. Und sie soll dafür sorgen, dass die auf diese Weise zur Welt gekommenen Kinder später ihre leibliche Mutter finden können.

Eine gute Idee. Kinder haben ein Grundrecht auf ihre Identität. Selbst wenn sie bei noch so liebevollen Adoptiv- oder Pflegeeltern aufgewachsen sind – die Frage nach dem eigenen Woher beantworten zu können, kann über das Gelingen von Biografien entscheiden. Deshalb will Schröder diesen Kindern Zugang zu ihren Herkunftsdaten zu ermöglichen.

Aber was ist mit den Müttern? Frauen, die sich entschließen, ihr Baby anonym zur Welt zu bringen oder es in einer Babyklappe abzulegen, haben Gründe dafür. Sie entscheiden sich in höchster Not für das Leben des Kindes, aber gegen ein gemeinsames Leben mit ihm. Ein Entschluss, den die Ministerin in Zweifel zieht. Sie wolle, sagt sie, mit Einführung der „vertraulichen Geburt“ die Babyklappen abschaffen. Diese seien eh illegal und würden nur geduldet.

Dass Frauen sich für eine anonyme Geburt entscheiden, verdient Respekt. Dass sie nun damit rechnen müssten, dass sechzehn Jahre später ihr leibliches Kind dennoch vor ihrer Tür steht, wird das Zutrauen in das neue Verfahren nicht gerade fördern. Das könnte diese Frauen sogar wieder in scheinbar aussichtslose Situationen drängen. Und dies kann nicht das Ziel des Gesetzgebers sein.

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1965, ist taz-Parlamentsredakteurin. Sie berichtet vor allem über die Unionsparteien und die Bundeskanzlerin.

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