Kommentar von der Leyen über „Eurobonds“: Einmal im Jahr über die Krise plaudern

Letztes Jahr lud die Bundesministerin für Arbeit und Soziales die Krisenländer ein, ihre Goldreserven zu verpfänden. Jetzt spricht sie tatkräftig über die „Eurobonds“.

Arbeitsministerin Ursula von der Leyen ist immer für eine Meinung gut. Jetzt meint sie, dass Europa künftig Eurobonds einführen könnte. Diese gemeinsamen Staatsanleihen aller Euroländer seien allerdings nur eine „Option“ für die Zukunft. Derzeit seien die Bonds noch „völlig absurd“.

Offenbar hat sich von der Leyen fest vorgenommen, einmal im Jahr die Eurokrise zu erwähnen. Im vergangenen August verblüffte sie nämlich Freund und Feind mit der Idee, die Krisenländer könnten doch ihr Gold verpfänden, wenn sie Hilfskredite des Rettungsfonds in Anspruch nehmen.

Die CDU war entsetzt, dass ein Parteimitglied die Unabhängigkeit der europäischen Zentralbank antasten wollte, die doch als eigenständige Hüterin des Goldes gilt. Vom Gold-Vorschlag der Arbeitsministerin ward denn auch nie wieder gehört.

Diesmal wollte von der Leyen offenbar klüger sein – und in eigenen Worten nur nachbeten, was auch Finanzminister Schäuble gelegentlich sagt. Auch er hält Eurobonds für denkbar, wenn die Fiskalunion gilt. Obwohl von der Leyen diesmal auf jedwede eigene Originalität verzichtet, ist es bemerkenswert, dass sie das Wort „Eurobond“ überhaupt erwähnt.

80 Prozent der Deutschen sind dagegen

Denn sie muss die Umfragen kennen, die jedes Mal wieder zeigen, dass knapp 80 Prozent der Deutschen strikt dagegen sind, Eurobonds einzuführen. Die Wähler wollen keine gemeinsame Haftung für alle Staatsschulden in der Eurozone. Sie wollen sich gedanklich in den Grenzen ihrer Bundesrepublik verrammeln und sich einbilden, dass die Eurokrise nur im Ausland stattfindet.

Wenn von der Leyen trotzdem das Wort „Eurobonds“ in den Mund nimmt, dann kann das heißen, dass sie verstanden hat, dass man die Bevölkerung darauf vorbereiten muss, dass die Eurokrise nur zu lösen ist, wenn gemeinsam für die Schulden gehaftet wird. Es kann aber auch heißen, dass sie nur jedes Sommerloch nutzt, um mal wieder aufzufallen. Dann ist der Sprung vom Gold zum Eurobond geradezu logisch.

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

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