Kommentar zu 125 Jahren Hertha BSC: Zeit, sich Respekt zu erarbeiten

Hertha hat wenig aus seiner Geschichte und seinen Fehlern gelernt. Das Jubiläum ist ein guter Zeitpunkt für einen neuen Anlauf, sich Respekt zu verschaffen.

Abschiedsspiel für Marcelinho

Präsentiert sich so ein respektabler Hauptstadtclub? Marcelinho, Frank Zander und Maskottchen Herthino Foto: dpa

Wer 125 Jahre alt wird, hat was zu erzählen: von Siegen und Niederlagen, von glücklichen Momenten und dunklen Stunden. Es ist großartig, wenn der wichtigste Sportverein der Stadt eine so vielschichtige Geschichte besitzt, in der sich auch die Welt jenseits des Fußballstadions widerspiegelt. Wenn man das Gefühl haben kann, hier ist Sport ein wirklicher Teil Berlins und der Berliner. Glückwunsch, Hertha BSC!

Dieses Jubiläum, das die Hertha am Dienstag offiziell begeht, ist eine prima Möglichkeit, auf diese glücklichen Momente und dunklen Stunden zurückzuschauen. Die eigene Geschichte im Museum zu präsentieren, erfordert neben guten Recherchen den Mut, sich einzugestehen, dass man auch Fehler gemacht habe. Es hat lange gedauert – viele sagen zu lange –, sich etwa der Rolle während der NS-Zeit zu stellen. Andere Clubs verhielten sich nicht besser. Aber das ist keine Entschuldigung.

Für die Zukunft immens wichtig ist zudem ein Blick in die jüngere Vergangenheit seit dem Mauerfall. Wie oft schlug da sportlicher Erfolg in Größenwahn um! Wie fix wurde aus einem Dreamteam eine Absteigertruppe! Die Hertha lernte daraus nichts: Der Verein kultivierte eine Arroganz, die durch nichts gerechtfertigt war. Er verprellte damit viele, die sich nichts sehnlicher wünschten als einen tollen Hauptstadtclub.

Und es scheint, die Hertha ignoriere trotz der Ausstellung im Stadtmuseum ihre Geschichte weiterhin: Der Verein drängt nun darauf, das denkmalgeschützte Olympiastadion umzukrempeln in eine reine Fußballarena mit Kesselcharakter. Ein Projekt, dessen bauliche und finanzielle Risiken unabsehbar sind. Größenwahn eben, gestützt auf ein paar erfolgreiche Runden in der Bundesliga.

Nicht jeder muss den wichtigsten Fußballclub seiner Stadt lieben. Aber der Verein sollte sich Respekt erarbeiten: dadurch, dass er weiß, wo er herkommt, und weiß, was er kann. Für die Hertha wäre jetzt, nach 125 Jahren, ein guter Zeitpunkt, damit anzufangen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.