Kommentar zum CIA-Bericht: In der Bringschuld

Die Veröffentlichung des Folterberichts belegt, dass der Neuanfang nach Bush ernst gemeint war. Guantánamo und Killerdrohnen gibt es trotzdem noch.

Aufklärung gegen weiteren Ansehensverlust: Nach den Bush-Jahren gab es keine andere Option. Bild: dpa

Der Folterbericht entsetzt. Die Methoden, die die CIA über Jahre angewendet hat, um Menschen zu quälen, sind unvorstellbar grausam. Und es verwundert nicht, dass Länder wie Nordkorea und China unmittelbar nach der Veröffentlichung den USA jedes Recht abgesprochen haben, sich in ihre Angelegenheiten einzumischen. Wer solches Unrecht erlaubt, begeht und vertritt, kann keinen moralischen Anspruch mehr geltend machen.

Der Folterbericht ist aber auch ein gutes Zeichen. Denn er zeigt, dass es in den USA Selbstreinigungskräfte gibt, die das Land davor bewahren, in eine Diktatur abzugleiten. Die Veröffentlichungen belegen, dass es die Obama-Regierung mit dem Neuanfang nach den Bush-Jahren ernst gemeint hat. Und dass sie bereit ist, unter der Gefahr eines weiteren Ansehensverlusts den Weg der Aufklärung zu beschreiten. Auch weil es keine andere Option geben kann.

Nach dem, was bekannt ist, lässt die CIA seit 2006 nicht mehr foltern. Man kann nur hoffen, dass der Bericht die Mehrheit so aufrüttelt, dass sie auch unter einer nächsten möglicherweise republikanischen Regierung keine Foltermethoden mehr akzeptieren wird. In Guantánamo sitzen aber noch immer zahllose Gefangene, ohne jegliche rechtsstaatliche Verurteilung. Moralisch, menschenrechtlich steht die US-Administration nicht nur in diesem Punkt in der Bringschuld. Der Einsatz von Killerdrohnen darf nicht übersehen werden.

Auch mit Blick auf notorische Unrechtsstaaten ist eine strafrechtliche Aufarbeitung unbedingt notwendig. Solange die USA nicht bereit sind, Verdächtige vor ordentliche Gerichte zu bringen, sind sie weit davon entfernt, sich moralisch über andere stellen zu können. Der CIA-Bericht ist ein mutiger Schritt. Er kann aber nur der erste von vielen sein.

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Ines Pohl (Jahrgang 1967) war von Juli 2009 bis Juni 2015 Chefredakteurin der taz. Bevor sie als politische Korrespondentin für die Mediengruppe Ippen in Berlin arbeitete, leitete sie das politische Ressort der Hessischen /Niedersächsischen Allgemeinen. 2004/2005 war sie als Stipendiatin der Nieman Foundation for Journalism für ein Jahr an der Harvard University. Im Dezember 2009 wurde ihr der Medienpreis „Newcomerin des Jahres“ vom Medium-Magazin verliehen. Seit 2010 ist Ines Pohl Mitglied im Kuratorium der NGO „Reporter ohne Grenzen“. Außerdem ist sie Herausgeberin der Bücher: " 50 einfache Dinge, die Sie tun können, um die Gesellschaft zu verändern" und "Schluss mit Lobbyismus! 50 einfache Fragen, auf die es nur eine Antwort gibt" (Westend-Verlag)

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