Kommentar zur Leichen-Schau: Perfekter Ort für Zombies

Der Bezirk wehrt sich gegen die Körperwelten-Ausstellung am Alex. Dabei gibt es keinen Ort in Berlin, wo die Leichen so gut hinpassen.

Die Leichenreste und ihr Schöpfer. Bild: ap

Bis zum bitteren Ende, so scheint es, will der Bezirk Mitte gegen eine Ausstellung von plastinierten Toten kämpfen. Das ist löblich, weil es nicht jedermenschs Sache ist, diese präparierten Überreste zu sehen. Und natürlich steht es jedem frei, gegen ein Gerichtsurteil vorzugehen. Trotzdem wirft die Taktik des Bezirks Fragen auf.

Dessen Klage vor dem Verwaltungsgericht ist klar gescheitert. Es nun mit der gleichen Argumentation – dem Bestattungsgesetz – noch mal zu versuchen zeigt, wie verkrampft Mitte mit dieser Ausstellung umgeht, die es ja in vielen Städten in den letzten 15 Jahren in ähnlicher Form schon gab. Dort hat sich die anfängliche Aufregung meist schnell gelegt: Wer wollte, ging hin; wer nicht, nicht. Auch wenn es Bürgermeister Hanke nicht so recht zugeben will: Es geht ihm nicht um eine juristische Frage, sondern um eine der Ethik und Ästhetik: Dürfen unter dem Fernsehturm, neben dem Alexanderplatz, Zombies hausen?

Schreckliche Ecke

Leider muss man sagen: Es gibt wenige Orte in Berlin, wo die so gut hinpassen. Denn bisher schert sich der Bezirk nicht um die Gegend. Rund um den Fernsehturm eröffnet alle paar Jahre ein weiteres hässliches Shoppingcenter; auch kulinarisch kann die Ecke dank Fast-Food-Tristesse mit den ödesten Orten Ostbrandenburgs mithalten; der Alexanderplatz selbst ist zu einer Fress- und Nippesbudenaufstellfläche mit stets gleichem Inhalt verkommen: Auf den Weihnachtsmarkt folgt der Wintermarkt folgt der Frühlingsmarkt folgt der Ostermarkt usw. Da sind selbst Leichen Lichtblicke. Und die ethische Frage dürfen in diesem Fall die Berliner und Touristen ruhig mit den Füßen beantworten.

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Jahrgang 1974, war bis Juni 2023 Leiter der Berlin-Redaktion der taz. Zuvor war er viele Jahre Chef vom Dienst in dieser Redaktion. Er lebt seit 1998 in Berlin und hat Politikwissenschaft an der Freien Universität studiert.

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