Kommentar: Strategie der Übertreibung

Mit immer neuen Vorschlägen treibt Schäuble die SPD vor sich her. Was er eigentlich will: eine Ausweitung des Bundeswehreinsatzes im Inneren.

Immer wieder dieser Wolfgang Schäuble. Kaum noch ein Tag vergeht, ohne dass sich der Bundesinnenminister mit immer neuen, immer abstruseren Gesetzesvorschlägen zur Terrorbekämpfung hervortut. Nun will er auch noch einen Tatbestand der Verschwörung einführen, um sogenannte Gefährder als Kombattanten in Internierungslagern zu isolieren oder erkannte Führungspersonen gezielt töten zu lassen. Gegen diese Pläne wirkt sein Vorschlag, für Bundeskriminalamt und Geheimdienste eine gesetzliche Grundlage für Online-Durchsuchungen von privaten Computern zu schaffen, noch geradezu harmlos.

Doch Wolfgang Schäuble ist bekanntlich nicht dumm. So darf unterstellt werden, dass er genau weiß, dass seine Ideen völlig überzogen und weder praktikabel noch verfassungsrechtlich zulässig sind. Hierfür spricht auch der Umstand, dass Schäuble seine Vorschläge just in dem Moment in die öffentliche Debatte einbringt, wenn kurz vor Beginn der parlamentarischen Sommerpause ohnehin nichts mehr geschieht. Man darf daher davon ausgehen, dass der Sicherheitsminister mit seiner gezielten politischen Provokation eigentlich einen ganz anderen Plan verfolgt: Fordere das Unmögliche, und komme so an dein eigentliches Ziel!

Neben der Online-Befugnis geht es Schäuble vor allem um eine Ausweitung des Bundeswehreinsatzes im Inneren: eine Aufgabe, der er sich schon seit Jahren verschrieben hat. Daher wundert es nicht, dass auch seine Rhetorik zunehmend von militärischen Begrifflichkeiten durchzogen wird. Unerbittlich treibt der neu-alte Feldherr damit alle vor sich her, und seine Paladine in der Südwest-Union klatschen dazu Beifall.

Den parlamentarischen Gegnern fällt dazu bislang nicht mehr als ein ständiges, längst abgenutztes "Mit uns nicht!"-Lamento ein. Und die SPD kann sich einen Koalitionsbruch nicht leisten. Daher stehen Schäubles Chancen also gar nicht schlecht, im Spätherbst im Wesentlichen zu bekommen, was er eigentlich will. Für die Bundesrepublik allerdings werden dann die innenpolitischen Weichen anders gestellt. Und einer Integration der hier lebenden Muslime dient das Ganze auch sicher nicht.

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