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Kommunalwahl in NRWSelbst in Duisburg wird’s schwierig für die Ge­nos­s:in­nen

SPD-Chefin Bärbel Bas macht Wahlkampf in ihrer Heimatstadt Duisburg. Selbst dort holt die Angst vor der AfD und die Regierungskrise in Berlin sie ein.

Bärbel Bas am Freitag beim Straßenwahlkampf in Duisburg Foto: dpa

Etwas verloren steht SPD-Bundeschefin Bärbel Bas am Freitagmorgen vor einem Infostand ihrer Ge­nos­s:in­nen neben dem Bezirks-Rathaus des Duisburger Stadtteils Homberg. Im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen mit seinen 18 Millionen Menschen stehen am 14. September Kommunalwahlen an. Und Bas, als Bundesarbeitsministerin eine der Hoff­nungs­trä­ge­r:in­nen ihrer in Umfragen bundesweit bei 13 bis 15 Prozent herumdümpelnden Partei, weiß um deren Bedeutung: „Ich bin aus dem Ruhrgebiet“, sagt die gebürtige Duisburgerin. „Wir kämpfen mit allem, was wir haben, um diese Region.“

Nicht nur Bas ist klar: „Wenn uns als SPD dieser riesige Ballungsraum mit seinen Millionen Menschen verloren geht, werden wir das landesweit merken.“ Denn natürlich stehe ihre Partei längst nicht da, wovon die Ge­nos­s:in­nen noch immer träumen: „Wir waren hier in NRW schließlich jahrzehntelang die führende Partei“, sagt Bas fast nostalgisch. Doch im einstigen Stammland kam die Sozialdemokratie in einer letzten Umfrage von Anfang Juli auf gerade einmal 17 Prozent.

Trotzdem ist die Parteivorsitzende an diesem Freitagmorgen von Re­por­te­r:in­nen umgeben. Doch in der Seitenstraße, in der ihre Homberger Ge­nos­s:in­nen neben einem roten Sonnenschirm mit SPD-Logo einen kleinen Tisch mit Flyern aufgebaut haben, interessiert sich kaum jemand für die Sozialdemokrat:innen. Die Situation droht etwas peinlich zu werden. Besser auf den Markt auf dem angrenzenden Bismarckplatz, schlägt Bas deshalb schnell vor.

Hier, zwischen Verkaufswagen und Ständen für Backwaren, Fleisch und Textilien, wird die 57-Jährige von manchen distanziert, von anderen freundlich empfangen. Seit 2009 im Bundestag, sei sie „eine Art Orts-Promi“, sagt die Tochter eines Busfahrers und einer Hausfrau über sich. „Es hilft den ehrenamtlichen Genossinnen und Genossen hier vor Ort, wenn jemand, der Bundespolitik erklären kann, der im Kabinett sitzt, im Wahlkampf da ist.“ In ganz NRW, von Köln bis Castrop-Rauxel, ist Bas deshalb unterwegs.

Leerstand und Feuer

Auf dem Markt macht die Rentnerin Gundula Klein schnell klar, wo sie die Probleme der Stadt sieht. „Nicht schön“ seien die vielen leerstehenden Geschäfte auf Hombergs Einkaufsmeile, der Augustastraße. Sorgen machen ihr auch die vielen Brände in der über Jahrzehnte zur Ruine gewordenen, einstigen Maschinenfabrik „Schmitz Söhne“.

Das am Rhein liegende Gelände ist ein Symbol für den Niedergang der Duisburger Industrie. Nicht nur das knapp einen Kilometer entfernte Chemiewerk Venator, spezialisiert auf Farbpigmente, hat hunderte Stellen abgebaut. Im riesigen Thyssenkrupp-Stahlwerk stehen tausende gutbezahlte Jobs auf der Kippe, ebenso bei den Hüttenwerken Krupp Mannesmann. Dabei hat Duisburg mit 13,5 Prozent schon heute die zweithöchste Arbeitslosenquote in ganz NRW. Schlimmer ist die Lage mit 15,3 Prozent nur im ebenfalls vom Ende von Kohle und Stahl gebeutelten Gelsenkirchen.

Doch merkwürdigerweise ist die hohe Arbeitslosigkeit zumindest auf dem Markt kein Thema. „Man wir da angesprochen, wo die Leute wohnen – da brennt’s ihnen unter den Nägeln“, sagt die Bundesarbeitsministerin dazu – also in unmittelbarer Nähe der Stahlstandorte im Norden und Süden der Stadt, nicht im mittig gelegenen Stadtteil Homberg auf der linken Rheinseite.

Die Union ist besser platziert

„Gehen wir doch rüber zum Koalitionspartner“, schlägt Bärbel Bas vor. Auch die Christ­de­mo­kra­t:in­nen machen Wahlkampf in Duisburg-Homberg – und haben sich strategisch besser mitten auf dem Markt platziert. Auch CDU-Stadtratsfraktionschef Michael Büttgenbach ist da und hat schon vor Bas’ Besuch betont, wofür seine Partei stehe: „Sauberkeit, Ordnung, Sicherheit“, zählt er im Gespräch mit der taz auf – und etwas verdruckst: „ein Wohnungsmarkt ohne Spekulation“.

Was CDU-Mann Büttgenbach damit meint, ist Armutsmigration vor allem aus den EU-Staaten Südeuropas. Seit langen klagen nicht nur Lokalpolitiker:innen, Schleuser brächten Menschen gezielt in billigen leerstehenden Häusern im Ruhrgebiet unter. Dort bekämen sie oft nur schlecht bezahlte Jobs und seien auf Sozialleistungen angewiesen.

„Mafiöse Strukturen, die wir zerschlagen müssen“ seien das, hatte auch die Bundesarbeitsministerin schon im Juni geklagt. Gerade im Ruhrgebiet gebe es „ausbeuterische Strukturen, die Menschen aus anderen europäischen Ländern nach Deutschland locken und ihnen Mini-Arbeitsverträge anbieten.“ Gleichzeitig ließen sie diese Menschen „Bürgergeld beantragen und schöpfen die staatlichen Mittel dann selbst ab.“

Es ist die Angst vor einem weiteren Aufstieg der AfD, die hinter den Klagen von Bas und des CDU-Lokalpolitikers Büttgenbach steht. Denn die Rechtsextremen sind nicht nur am Rhein, sondern auch in weiten Teilen des deindustrialisierten Nordens des Ruhrgebiets stark geworden: Lag die AfD bei der Kommunalwahl 2015 in Duisburg noch bei 3,5 Prozent, waren es 2020 schon 9,3 Prozent. Und bei der Bundestagswahl in diesem Jahr fuhren die Rechtsradikalen im Wahlkreis Duisburg I im Norden der Stadt knapp 24,8 Prozent ein. Damit lagen sie nur noch hauchdünn hinter der SPD, für die sich 25,3 Prozent der Wäh­le­r:in­nen entschieden.

Mehr Geld für bedrohte Kommunen

„Auch in Duisburg wird’s schwieriger“, sagt Bärbel Bas mit Blick auf die AfD deshalb bei ihrem nächsten Termin. „Duisburg ist eine arme Stadt – und hat einfach nicht soviel Geld, um all die Wünsche, die die Bürger in ihren Stadtteilen haben, zu erfüllen“, erklärt sie auf einem weiteren Markt im Duisburger Stadtteil Rheinhausen. „Die Leute haben deshalb den Eindruck, es tut sich nichts.“

Das stimme so natürlich nicht, erklärt die SPD-Chefin dann schnell. Doch nicht nur bei den Duis­bur­ge­r:in­nen verfestige sich der Eindruck. Sie appelliere deshalb in Richtung Land und Bund: „Ihr müsst uns gerade in diesen Regionen helfen. Denn sonst verlieren wir die Menschen an radikale Kräfte – und das will niemand. Das gefährdet doch die Basis unserer Demokratie.“

Nötig, findet Bas, sei deshalb eine Veränderung des Königssteiner Schlüssels, mit dem der Finanzausgleich zwischen den Bundesländern geregelt wird: Städte, die wie im Ruhrgebiet unter Armutszuwanderung oder im Osten unter Leerständen leiden, müssten besonders gefördert werden.

„Bund und Länder müssen es gemeinsam hinbekommen, dass die Menschen in diesen Regionen sich nicht abgehängt fühlen und sagen: Politik ist für mich in meinem Leben nicht mehr da“, fordert Bas. Schlicht „demokratiegefährdend“ sei das: Denn dann wählten „die Menschen entweder gar nicht mehr – oder radikale Kräfte, von denen sie sich Änderungen erhoffen“.

Regierungskrise ist überall

Doch ob die Bundesregierung dazu die Kraft hat, scheint nicht ganz sicher. Die durch die gescheiterte Wahl der Professorin Frauke Brosius-Gersdorf ausgelöste Regierungskrise – sie holt die SPD-Bundesvorsitzende auch auf dem kleinen Markt in Duisburg-Rheinhausen ein. „Ich will nicht drum herumreden: Wir haben gerade ein ernstzunehmendes Problem miteinander“, sagt Bas zu der gezielten Kampagne von Rechtsaußen, deren Hetze auch bei entscheidenden Teilen der Unions-Bundestagsfraktion verfing.

„Es kann nicht sein“, sagt Bas einen Tag nach Brosius-Gersdorfs Verzichtserklärung, „dass wir als SPD brav den Koalitionsvertrag abarbeiten – und die Union Schwierigkeiten hat, ihre Truppen zusammenzuhalten.“ Sie könne „nur davor warnen, zu glauben, mit dem Rückzug der Kandidatin wäre alles gut. Nein, es ist nicht gut.“

Die Bundesvorsitzende der SPD fordert stattdessen einen Treueschwur der Union: „Wir werden uns als Spitzen der Koalition noch einmal zusammensetzen müssen – denn die SPD braucht die Verlässlichkeit des Koalitionspartners Union.“

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20 Kommentare

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  • Irgendwie etwas unfair von Frau Bas, die Gelegenheit beim Straßenwahlkampf nicht zu nutzen, um den Bürgern & Wählern einmal fix den neoliberalen Kapitalismus, den wir sowohl bei FDP, CDU, CSU, SPD, Grüne & AfD verankert sehen, etwas näher zu bringen. Der neoliberale Kapitalismus bringt halt extremistische Strömungen mit sich, sowohl nach rechts sowie links, ist doch exemplarisch für den Neoliberalismus. Der neoliberale Kapitalismus birgt Chancen, fordert aber auch seine Opfer. Wenn unsere Regierung meint, diesen Weg gehen zu wollen, dann aber bitte auch dieses, der Bevölkerung gegenüber offen kommunizieren.



    Es geht darum diese Phase des Neoliberalismus gut zu überstehen, da sind aber extremistische Strömungen exemplarisch, sowohl nach rechts als auch nach links. Für den gesellschaftlichen Frieden, sind diese extremistischen Strömungen aber eher kontraproduktiv. Wird wohl auch in Gelsenkirchen verstanden werden können.

  • Wenn die SPD weiter so mit den Kapitalisten kuschelt und Sozialabbau mitträgt wie seit Schröders Zeiten wird es nichts mehr mit Mehrheiten

  • // Schleuser brächten Menschen gezielt in billigen leerstehenden Häusern im Ruhrgebiet unter. Dort bekämen sie oft nur schlecht bezahlte Jobs und seien auf Sozialleistungen angewiesen.



    „Mafiöse Strukturen, die wir zerschlagen müssen“ //

    Zwar richtig. Da ist aber keine Kommunalpolitik (kann höchstens was begrenzt wegen Häusern machen) gefordert sondern Land, der Bund und Europa. Ich denke , damit muss man sich eben damit abfinden.

    • @Der Cleo Patra:

      Ein bisschen was haben die Kommunen schon in der Hand, insbesondere natürlich Kontrollen und das notfalls wöchentlich, ob die angemeldeten Personen sich wirklich dort aufhalten, wo sie gemeldet sind und ob die angeblichen Arbeitgeber für den 400 Euro Job überhaupt existieren.

  • Es ist gut, dass Frau Ministerin Bas die ehemalige Herzkammer der Sozialdemokratie besucht. Die Stammwählerschaft ist weggebrochen und was "im Pott" noch zu sehen ist, hat mit der Hochzeit der SPD im Arbeitermilieu nichts mehr zu tun. Das Milieu der Leute, die die Ärmel aufkrempeln und arbeiten gehen (können), schwindet mehr und mehr dahin. Viele Betriebe, die untrennbar mit dem Wirtschaftswunder der Nachkriegsjahre verbunden sind, haben aufgegeben oder wurden abgewickelt. Der Strukturwandel hat nur in Teilen funktioniert. Vielen blieben und bleiben da nur Transferleistungen. Kurz: Wer keine Knete hat, kann auch nicht opulent einkaufen, was den Innenstädten nicht gut tut.



    Die Wahlplakate, die ich gerade in NRW bewundern darf, strotzen parteiübergreifend vor Plattitüden und haben mit dem Leben der Wahlberechtigten wenig bis gar nichts zu tun. Die Grünen brillieren mit vielen Slogans, die beleuchten, was WIR für ALLE tun müssen. Puh! Da helfen die obligatorischen Stippvisiten der politischen Prominenz nicht wirklich weiter.

    • @Lutz Sindermann:

      Sie haben das Problem der SPD zutreffend beschrieben. Viele Menschen, die früher SPD gewählt haben, erkennen die SPD nicht mehr als ihre Vertretung. Oft erscheint die SPD nur noch als Wurmfortsatz der Grünen. Die Einrichtung von Fahrradstraßen ist sicher nicht das Vorrangige, das manche früheren SPD-Wähler als Ausdruck einer erfolgreichen Kommunalpolitik erwarten.

  • Jeder Wahlgang ist hoffnungslose Notwehr gegen die elitäre Parteienoligarchie. Das von Bundestagspräsidentin Klöckner wieder aufgewärmte Argument einer „Abwertung der Erststimme“ wird durch die Tatsache konterkariert, dass die Beteiligungen bei Kommunalwahlen gut 20% geringer ist, als die bei Bundestagswahlen. Viele Menschen interessiert offensichtlich nicht, wie ihre unmittelbare Lebenswelt gestaltet wird. Im 76. Jahr der bundesdeutschen Demokratie scheint eine Mehrheit von Wahlberechtigten sich angewöhnt zu haben, den ganzen Wahlrummel apathisch (Nichtwählende) oder fatalistisch (Wählende) hinzunehmen. Die PolitikerInnen machen sich dies zu nutze, vermeiden auch bei Kommunalwahlen inhaltliche Auseinandersetzung und setzen im Wahlkampf vor allem auf Köpfe und Standardphrasen, die mit Kompetenzen und Themen der kommunalen Ebene nur wenig bis nichts zu tun haben. Besonders erschreckend: Statt grundsätzliche Veränderungen des Systems zu fordern, gehen die braven StaatsbürgerInnen gewohnheitsmäßig wählen und immer mehr setzen dabei auf die AfD. Als wenn ein paar neue(?) Köpfe etwas ändern würden.

    • @DemokratischeZelleEins:

      Bei der Kommunalwahl in NRW wird kumuliert und panaschiert, nix mit Erststimme. Und bei Kommunalwahlen ist überall die Wahlbeteiligung zwischen 40-60 Prozent. Da kann die Klöckner nix dafür.

  • Die Sozis sitzen dummerweise zwischen allen Stühlen. Ihre ehemalige Stammwählerschaft ist mittlerweile zum großen Teil ganz divers zu den unterschiedlichsten Parteien und Richtungen abgewandert und das neu eingewanderte Prekariat darf zu entweder (noch) nicht wählen, oder verschreckt den letzten Rest der früheren Herzkammer der Sozialdemokratie nachhaltig. Da sind die Bas und ihre Parteibasis nicht zu beneiden.

  • Was bitte hat Frau Bas mit einer Kommunalwahl zu tun? Gerade heute kam in einer größeren Runde das Gespräch auf die anstehenden Wahlen und eine Frau erwähnte lobend die Haltung einer Kandidatin zur Ukraine. Bitte?



    Vor wenigen Tagen erst meldete die Stadt bei einem großen kommunalen Bauprojekt den nächsten Konkurs einer der wichtigsten Ausführungsfirmen. Auf den Scherben bleiben wir sitzen und die kurzfristige Suche nach Ersatz führt unweigerlich in den nächsten riesigen Kostenschub. Das sind die Aufgaben und ist die Verantwortung der Kommunalpolitik und sie werden schlecht bis gar nicht erfüllt.



    Ein großer Teil der Ratsmitglieder und alle leitenden Verwaltungsmitarbeiter wohnt in eigenen Häusern oder Wohnungen und setzt eigenes Geld für Handwerksaufträge ein. Nehmen die dann für sich selbst auch den ersten besten Billiganbieter, weil man so schneller und müheloser in den Feierabend kommt? Natürlich nicht!



    Namen und Parteien habe ich nicht genannt, meine Gesprächspartner aber aufgefordert, nicht dieselbe Chaostruppe wieder zu wählen, nicht auf wohlfeile Propagandareden und zu Schau gestelltes Gutmenschentum zu sehen, sondern auf Einsatz für die Stadt und Sachkompetenz.

  • Spannend ist ja die Konstellation Duisburg und Bas, da letztere neulich sehr deutlich das Problem angesprochen hat, das die AfD dort so stark macht - übrigens auch bei den Menschen, die selbst eingewandert sind (oder ihre Eltern).

    Ich halte von Frau Bas viel, allerdings stehen auch Leute aus der eigenen Partei vernünftigen Lösungen in dieser Problematik im Wege, die lieber so tun, als würde sich das alles nur mit Fremdenangst erklären lassen (und nicht mit dem, was die Leute dort jeden Tag sehen).

    Empfehlenswert eine WDR-Doku zu der Region, kurz vor der Wahl, die den Wahlprognosen auf den Grund gehen wolllte - und das gelang.

  • Einen großen Teil des Aufstiegs der AfD hat sicher die Union mit ihrem völlig inakzeptablen Kopiekurs und der Unterordnung unter das AfD-Narrativ zu verantworten.



    Aber auch die SPD sitzt seit Ewigkeiten in der Regierung, zumindest als Juniorpartner, ohne dass die konkreten Probleme, Wohnungsnot, Strukturprobleme uvm. besser geworden wären, im Gegenteil. Der Vertrauensverlust der SPD-Klientel ist derart gewaltig, dass man sich der AfD, die alles im Sinn hat außer das Wohl der kleinen Leute, in die Arme wirft.

    • @FtznFrtz:

      "Einen großen Teil des Aufstiegs der AfD hat sicher die Union mit ihrem völlig inakzeptablen Kopiekurs und der Unterordnung unter das AfD-Narrativ zu verantworten."

      Die Union hat sicherlich einen großen Anteil am Aufstieg der AfD, aber nicht aus dem Grund, den Sie unterstellen.



      Die Gründe liegen vielmehr darin - und das ist nun wahrlich nicht neu und durch die Wahlergebnisse belegbar - dass die Union unter Merkel viele konservative Kernpositionen aufgegeben hat und nicht willens oder in der Lage ist, diese zurückzuholen.

      Die ständigen Vorwürfe, sie würde AfD-Positionen übernehmen und die AfD damit stärken, sind unzutreffend, kontraproduktiv und stärken ihrerseits die AfD. Unser Parteienspektrum benötigt eine starke Partei, die mitte-rechts steht und das kann nur die Union sein. Und natürlich müssen dort auch Positionen vertreten werden, die dem TAZ-Leser nicht behagen oder die er vielleicht sogar voller Inbrunst ablehnt.

      Ich weiß, dass dies hier nicht gern gelesen wird. Das ändert aber nichts.

      • @Katharina Reichenhall:

        // Unser Parteienspektrum benötigt eine starke Partei, die mitte-rechts steht und das kann nur die Union sein. Und natürlich müssen dort auch Positionen vertreten werden, die dem TAZ-Leser nicht behagen oder die er vielleicht sogar voller Inbrunst ablehnt.



        Ich weiß, dass dies hier nicht gern gelesen wird. Das ändert aber nichts. //

        Absolut richtig!

      • @Katharina Reichenhall:

        Sie wollen hier doch jetzt nicht die AfD als Mitte-Rechts verkaufen, sie ist eindeutig rechtsextrem.



        Das die CDU als rechte, also konservative Partei gebraucht wird, ist ja völlig unstrittig, dass die nicht nur Dinge fordert, die mit gefallen ist auch völlig okay.



        Aber dann muss sie sich trotzdem gegenüber der AfD glaubhaft abgrenzen und eigene Positionen formulieren. Man kann ja eine restriktive Migrationspolitik im Rahmen der bestehenden Rechtsordnung fordern. Wenn man diese laut Gerichtsentscheidungen verlässt darf man auch gerne mal sagen: "Sorry, unser Fehler, wir ändern das dann mal" Aber derzeit bestimmen die Blauen die Diskurse, die Union hechelt dem rechtsextremen Zeitgeist/selbst ernannten Mainstream hinterher, mit fatalen Folgen.

        • @FtznFrtz:

          Zwischen CDU/CSU und AfD bestehen inhaltlich (eher in der Innen- als in der Außenpolitik) zum Teil große Schnittmengen. Die "glaubwürdige Abgrenzung" besteht darin, dass CDU/CSU demokratische Parteien sind und Lösungen im Rahmen des bestehenden politischen Systems suchen. Die Abgrenzung kann allerdings nicht darin bestehen, eigene Positionen aufzugeben, nur weil die AfD Ähnliches fordert. Darauf laufen aber letzten Endes regelmäßig viele Kommentare hier im Forum hinaus.



          Was die Migrationspolitik angeht: Da hat die CDU schon einen restriktiven Kurs gefordert, bevor es die AfD überhaupt gab. Ich erinnere nur an Roland Koch. Erst unter Merkel hat sie diesen Kurs aufgegeben, allerdings unter massiver Kritik aus den eigenen Reihen. Von "Hinterherhecheln" kann da nicht die Rede sein.

          • @Schalamow:

            Genauso ist es - und die AfD kämpfte damals mit der 5 Prozent Hürde, nachdem Lucke und einige andere anständige Leute sie verlassen hatten, weil sie zu weit nach rechts rückte.

            Seitdem (nach dem Sommer 2015) ist sie noch weiter nach rechts gerückt und hat ihre Wählerschaft vervierfacht. Das sind die Fakten.

          • @Schalamow:

            Na ja, die klar europarechtswidrigen Zurückweisungen an der Grenze macht man trotz anderslautender Gerichtsentscheidungen weiter.

        • @FtznFrtz:

          Selbstverständlich möchte ich die AfD nicht als mitte-rechts verkaufen. Da haben Sie mich missverstanden. Die Union sollte die Mitte-Rechts-Partei sein.

          Aber wie gesagt, die Union ist gut geraten, viele Positionen, die sie unter Merkel aufgegeben hat und die nun die AfD gekapert hat, zurückzuholen. Das darf nicht damit verwechselt werden, die Union würde AfD-Positionen übernehmen und das bedeutet freilich nicht, dass die Union alle AfD-Positionen vertreten hat.

    • @FtznFrtz:

      Genau solche Parolen wie der letzte Satz helfen keinem. Die Kommunen haben klar umrissene Pflichten und Aufgaben und einen begrenzten Etat. Auf sehr vieles in der deutschen Politik haben sie keinen Einfluß und sind ganz einfach nicht zuständig. Große Reden über Sozial- und Außenpolitik sind irrelevant, ihre ureigenen Pflichten sollen sie erfüllen. Und genau das tun die bisherigen Mehrheiten in aller Regel nicht.



      Ob die AfD oder sonst eine Partei es besser machte, weiß ich nicht und ist auch prinzipiell nicht beantwortbar. Nicht auf die Partei kommt es an sondern auf die konkreten Menschen und Fraktionen vor Ort. Und die kann man als Bürger, wenn man es denn will, kennen und befragen. Ich weiß sehr sicher, wen ich auf keinen Fall wählen werde, weil ich von denen aus Erfahrung und Beobachtung weiß, daß sie es schlecht machen werden. Ob andere es besser machen würden, weiß ich nicht und kann nur hoffen, aber ob sie nur Luftschlösser verbreiten oder Zahlen, Größenordnungen und eingeschränkte Möglichkeiten begreifen, das läßt sich auch vorab feststellen.