Kommunalwahl in Südafrika : Alexandras Township-Töchter

Als Wendy ihre Einraumhütte bezog, war Tochter Magki ein Baby. Heute darf Magki wählen - die Hütte ist geblieben. Ihrer ANC-Rätin bleiben sie dennoch treu.

ANC überall: Wahlkampf in Kapstadt. Bild: dpa

JOHANNESBURG taz | Schlaglöcher pflastern die staubige Straße in Alexandra. Hilda Masomas Haus ist alt, bescheiden und klein. Die ANC-Politikerin lebt hier seit ihrer Geburt vor sechzig Jahren. "Ich kenne das Township in- und auswendig", sagt sie.

Die Nachbarschaft ist ihr Wahlkreis, "Kreis 91", den die Bezirksrätin am Mittwoch bei Südafrikas Kommunalwahlen erneut für sich gewinnen will. Wobei seit Jahren der Druck auf den regierenden Afrikanischen Nationalkongress (ANC) wächst, endlich mehr für die Armen zu tun. Gewaltsame Proteste über mangelnde Versorgung flammen fast wöchentlich irgendwo auf.

Hilda Masoma gehört nicht zu den ANC-Neureichen, die ihre alte Hütte im Township vermieten und jetzt im schicken Vorort wohnen. Sie engagiert sich in ihrer Gemeinde für Waisenkinder, Alte und Kranke. "Wir helfen mit Essenspaketen, Decken und Pflege", sagt die rundliche, gemütliche Frau. Sie sammelt für Beerdigungen, sie will Parks für Kinder und ein Renovierungsprojekt für heruntergekommene Häuser durchsetzen.

"Arbeitslosigkeit ist unser größtes Problem," erklärt die 60-Jährige. Millionen von Menschen in Südafrika haben kein ordentliches Dach über dem Kopf. Im Johannesburger Township Alexandra, nur einen Steinwurf vom exklusiven Sandton entfernt, reihen sich Bretterhütten in den Hinterhöfen der einfachen Häuser aneinander.

Wendy Ragedi kommt vorbei, sie schaut auf die Boxen mit ANC-Wahlbroschüren im Haus der Bezirksrätin. Die 42-Jährige lebt seit 17 Jahren in ihrer Einraumwohnung aus Stein, eine Straße weiter. Seit 1994, als der ANC die Macht übernahm und Häuser für alle versprach, steht Wendy auf einer Liste für staatlich gebaute Häuser. Nichts hat sich getan. Ihre Tochter Magki war ein Jahr alt, als sie in die kleine Hütte zog. Bis heute schlafen beide in einem Bett, essen und leben in einem Raum. Jetzt zieht Magki bald aus und wird studieren. Sie wird heute zum ersten Mal wählen.

Enttäuscht vom ANC

Mutter und Tochter wollen beide ANC wählen, trotz ihrer Enttäuschung. Und sie wollen künftig den Politikern mehr auf die Finger schauen. "Der ANC hat viele Fehler gemacht", meint die angehende Studentin. "Aber unser Bezirk wird seit 2006 von der Opposition regiert und die hat auch nichts geändert."

Die Demokratische Allianz (DA), die einst weiße liberale Opposition, sammelte bei den letzten Wahlen viele schwarze Stimmen, auch in Alexandra. "Aber der ANC baut in der Nähe Häuser, wir haben neue Schulen und ein Einkaufszentrum, das ist ermutigend", meint Magki jetzt. Und sie gibt zu: Ein bisschen Nostalgie wegen der Geschichte und Nelson Mandela spielen bei ihrer Stimmenabgabe auch eine Rolle.

Ihre Mutter hat längst aufgehört, einfach auf den ANC zu hoffen. "Wir können nicht immer nur auf die Regierung warten", sagt sie. Andererseits: "Sie hat soziale Beihilfen für Alte und Arme eingeführt, Kliniken und Straßen gebaut." Wendy hat nun ein winziges Haus gekauft und wird es mit Hilfe von ANC-Subventionen und einer Bankanleihe über zwanzig Jahre abzahlen müssen.

Südafrikas ANC-Regierung hat seit 1994 über zwei Millionen Häuser gebaut, mehr als zwölf Millionen Südafrikaner brauchen aber immer noch ein Heim, es fehlt an sanitären Anlagen und Wasseranschlüssen. Die ANC-Bezirksabgeordnete Hilda Masoma gibt zu, dass noch viel zu tun ist, um Armut zu lindern. "Aber in Alex sind neulich zwei Offizielle verhaftet worden, die bei der Häuserliste gepfuscht haben", lobt sie. "Ich gehe Mandelas Weg, und es liegt an uns, wofür wir stehen, denn der ANC arbeitet durch uns."

"Ich werde dich wählen, Mama", sagt Wendy. "Aber wir wollen mehr Feedback über Erfolge. Sonst gehen wir zur Radiostation und reden öffentlich über Missmanagement."

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