Kommunalwahlen in England: Großparteien abgewatscht

Die Tories verzeichnen herbe Verluste, aber auch Labour verliert. Liberale und Grüne gehen gestärkt aus den Kommunalwahlen hervor.

Jeremy Corbyn (m). und seine Getreuen in Manchester

Jeremy Corbyn (m). und seine Getreuen in Manchester. Hier gab es für Labour Grund zu feiern Foto: dpa

BERLIN taz | Bei den Kommunalwahlen in England am Donnerstag haben die regierenden Konservativen von Theresa May erwartungsgemäß hohe Verluste erlitten, aber die Labour-Opposition von Jeremy Corbyn hat davon nicht profitiert. Liberaldemokraten und Grüne waren die großen Gewinner der Wahl, bei der vor allem die überwiegend konservativen Kreisräte ländlicher Regionen zur Wiederwahl standen, ebenso Teile der Gemeinderäte in Großstädten. In Schottland und Wales sowie den beiden größten englischen Städten London und Birmingham wurde nicht gewählt.

Bis 14 Uhr Ortszeit hatten die Konservativen über ein Viertel der von ihnen gehaltenen Wahlkreise eingebüßt und Labour etwas unter zehn Prozent der ihren. Die Liberalen gewannen mehr als doppelt so viele Mandate wie zuvor, die Grünen konnten ihre mehr als verfünffachen.

Die in den vergangenen Jahren zu einer rechten Splitterpartei geschrumpfte Ukip verlor den Großteil ihrer Sitze, wobei zahlreiche Ex-Ukip-Mandatsträger sich als Parteilose wiederwählen ließen. Insgesamt blieben die Konservativen stärkste Kraft. Die Auszählung in über der Hälfte der Gemeinden und Kreise war bis Redaktionsschluss noch nicht beendet.

Pro-EU-Gruppen deuteten die Wahl als klares Votum gegen den Brexit. Das ist eine gewagte Schlussfolgerung, weil die neu gewählten Mandate zuletzt 2015 vergeben wurden, als die Haltung zur EU kein Wahlkampfthema war und die Kommunalwahl mit der Parlamentswahl stattfand. May sprach am Freitag von einem Auftrag der WählerInnen an die Politik, den Brexit endlich zu vollenden, wofür eine empirische Grundlage aber schwer zu erkennen ist.

Streit über EU-Wahlprogramm

Labour-Parteichef Corbyn gestand ein, dass er sich ein besseres Ergebnis gewünscht hätte. Labour streitet über sein Europawahlprogramm und die Frage, ob es ein zweites Brexit-Referendum fordern oder lediglich als Option offen halten soll.

Erste Analysen legen nahe, dass die beiden großen Parteien jeweils besonders stark in ihren Hochburgen verloren. Labour erlitt zweistellige Verluste in einigen nordenglischen Industriestädten, wobei sich die Stimmen nicht einheitlich auf andere Parteien verteilten.

In Südengland, wo Labour außerhalb der Großstädte kaum existiert, liefen viele konservative Wähler in Kleinstädten und ländlichen Regionen zu den Liberaldemokraten über, traditionell die sichtbarste Opposition in diesen Gegenden. In Swindon, wo die bevorstehende Schließung der Honda-Autowerke Sorgen bereitet und Brexit-Debatten befeuert, bauten die Konservativen ihre Mehrheit aus.

Die Kommunalwahl galt als Testwahl vor der EU-Wahl in drei Wochen, bei der laut Umfragen die „Brexit Party“ des Rechtspopulistenführers Nigel Farage deutlich vorne liegt. Sie trat bei den Kommunalwahlen nicht an, wertete aber das Resultat als Bestätigung der Unzufriedenheit mit den etablierten Parteien.

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