Kommunalwahlen in Ungarn: Orbán, Orbán über alles

Bei den Kommunalwahlen gewinnt die regierende Fidesz an Boden. Zweite Kraft werden die Neonazis von Jobbik, während die Linke schlicht untergeht.

Victor Orbán verlässt das Wahllokal – als Gewinner. Bild: reuters

WIEN taz | Ungarn wird auch auf kommunaler Ebene fast flächendeckend von Premier Viktor Orbáns Partei Fidesz regiert werden. Zweite Kraft im Land ist nach den Gemeindewahlen vom vergangenen Sonntag die rechtsextreme Jobbik. Die Linksopposition präsentierte sich zersplittert und verfehlte klar das Ziel, zumindest in der Hauptstadt eine Mehrheit zu erringen. Die Wahlbeteiligung von 42 Prozent, die geringste der letzten 20 Jahre, relativiert den Triumph der Regierungspartei.

Noch Sonntagabend sprach Orbán vom „dritten Sieg in diesem Jahr“, nach den Parlamentswahlen im April und den Europawahlen im Mai. Seine Ankündigung, „in den nächsten vier Jahren werden wir Ungarn groß machen“, verstehen Kommentatoren als Versprechen, den Konfrontationskurs gegen Brüssel und europäische Werte zu verstärken.

In Budapest gingen 17 der 23 Bezirke in der Hauptstadt an Fidesz. Der Plan der Opposition, das weltoffene Budapest, wo die dumpfen nationalistischen Töne der Regierung zunehmend auf Ablehnung stoßen, politisch wieder zu wenden, schlug fehl. Selbst Orbán hatte offenbar mit dieser Eventualität gerechnet und rechtzeitig durch eine Wahlrechtsreform vorgesorgt. Denn der Gemeinderat wird nicht mehr gewählt, sondern durch ein verwirrendes Delegiertensystem besetzt. Mit 49 Prozent der Stimmen sicherte sich Fidesz 20 von 33 Mandaten.

Von den 19 größeren Städten bleibt einzig Szeged im Süden von der sozialdemokratischen MSZP regiert. Knapp über 30 mittlere Gemeinden konnten linke Mehrheiten verteidigen oder erobern. Zufrieden sein kann hingegen die neonazistische Jobbik, die 13 Bürgermeister direkt und etwa 10 weitere über parteilose Kandidaten aus dem rechtsextremen Milieu stellt, in 15 von 19 Komitaten wurde die Faschistenpartei sogar zur zweitstärksten Kraft.

Orbán hatte im Wahlkampf gute Stimmung verbreitet. Über Kossuth Rádió, das quasi ein Monopol innehat, verkündete er jede Woche in der Sendung „180 Minuten“ – im Volksmund Orbáns „Freitagsgebet“ – die Wohltaten der Regierung. Um nicht die Stimmung zu verderben, hielt das Statistische Zentralamt den alljährlich im September veröffentlichten Armutsbericht aus „Gründen der Personaleffizienz und zur Kostenersparnis“ zurück.

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