Konflikt der Wirtschaftsmächte in Ostasien: China droht Japan

Seit Tagen schwelt der Streit um einen chinesischen Kapitän, der von Japan in einem umstrittenen Gebiet festgenommen wurde. Dahinter stehen wirtschaftliche und politische Interessen.

Eine Gruppe chinesischer Demonstranten am 22. September auf dem Weg von Hong Kong zu den umstrittenen Inseln, in deren Nähe der chinesische Kapitän festgenommen wurde. Bild: ap

BERLIN/PEKING taz/dpa | Das Verhältnis zwischen den beiden asiatischen Wirtschaftsriesen China und Japan hat sich in den letzten Tagen dramatisch verschlechtert. China erklärte am Sonntag alle hochrangigen diplomatischen Besuchskontakte für ausgesetzt. Japans Botschafter in Peking wurde schon sechsmal ins Außenministerium zitiert. Eine dortige Sprecherin sagte am Dienstag, ein Treffen beider Regierungschefs bei der laufenden UN-Vollversammlung in New York sei "unangebracht".

Grund für den Konflikt ist die Verhaftung eines chinesischen Kapitäns durch die japanische Küstenwache. Am Mittwoch drohte Chinas Ministerpräsident Wen Jibao mit ernsten Konsequenzen, sollten die japanischen Behörden den Kapitän des Fischkutters nicht unverzüglich freilassen. Die Regierung in Tokio mahnte ihrerseits erneut zu Besonnenheit.

Die Justizbehörden des Landes hatten indes entschieden, dass der Kapitän weitere zehn Tage in japanischer U-Haft bleiben muss, bis über eine Anklage entschieden ist. Die 14-köpfige Besatzung ist seit vergangener Woche frei.

Japan wirft dem Kapitän Zhan Qixiong vor, am 7. September zwei japanische Küstenwachboote gerammt zu haben, die sein Schiff in Gewässern nahe der auf japanisch Senkaku und auf chinesisch Diaoyu genannten Inselgruppe aufbringen wollten. Die unbewohnten Inseln im Ostchinesischen Meer zwischen Okinawa und Taiwan werden von Japan kontrolliert, aber auch von China und Taiwan beansprucht. Die Region ist fisch- und rohstoffreich. Im Jahr 2008 einigten sich Japan und China auf eine gemeinsame Ausbeutung dortiger Gasvorkommen, was nun wieder infrage steht. Japanische Medien meldeten, China bereite einseitig Bohrungen vor, was Tokio darauf seinerseits in Aussicht stellte.

Am Sonntag gab es in Peking, Schanghai und Schenzhen kleine Proteste vor Vertretungen Japans. Die Demos waren aber kleiner als die antijapanische Protestwelle 2005. Damals empörten sich Chinesen über Besuche von Japans damaligem Ministerpräsidenten Junichiro Koizumi am Yasukuni-Schrein in Tokio, wo auch Kriegsverbrechern gedacht wird, sowie über die Verharmlosungen japanischer Weltkriegsgreuel in China in Schulbüchern. Nach Koizumis Abtritt gelang beiden Seiten eine Annäherung und ein Ausbau des Handels. 2009 wurde China Japans größter Handelspartner.

"China tritt heute selbstbewusster auf als früher", sagt Eberhard Sandschneider, Chinaexperte und Forschungsdirektor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik in Berlin. "Die Regierung wird auch von nationalistischer Stimmung im chinesischen Internet getrieben, die sie zum Teil selbst benutzt." Er sieht keine neue Strategie, sondern nur die alte Konfliktlage. "Das Besorgnis erregende ist, dass ein winziger Anlass zu dieser Eskalation reicht."

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