Kongolese noch nicht frei: An Bemba scheiden sich die Geister

Der internationale Strafgerichtshof hat die Entscheidung über die endgültige bedingungslose Freilassung von Jean-Pierre Bemba vertagt.

Jean-Pierre Bemba, im Anzug, schaut ernst zur Seite

Um ihn geht es: Jean-Pierre Bemba, hier am Tag des erstinstanzlichen Urteils 2016 Foto: ap pool reuters

BERLIN taz | Die Selbstdemontage der Weltjustiz setzt sich fort. Eine Entscheidung des Internationalen Strafgerichtshofs über die endgültige Freilassung des kongolesischen Ex-Warlords Jean-Pierre Bemba, der seit seinem Freispruch am 8. Juni unter Auflagen in Belgien lebt, wurde am Mittwoch erneut verschoben. Sie werde „zu gegebener Zeit“ fallen, sagte der Richter zum Abschluss einer ursprünglich als entscheidend angekündigten Anhörung.

Hintergrund ist ein Tauziehen um Den Haags spektakulärsten Fall. Eine Berufungskammer des Strafgerichtshofs hatte am 8. Juni die zwei Jahre zuvor erfolgte Verurteilung Bembas zu 15 Jahren Haft aufgehoben und den Kongolesen in allen Punkten freigesprochen.

Es ging um Bembas Vorgesetztenverantwortung für Verbrechen seiner ehemaligen Kämpfer in der benachbarten Zentralafrikanischen Republik. Die Berufungskammer befand, das sei nicht nachgewiesen und die erste Kammer habe entlastende Aspekte unzureichend berücksichtigt.

Frei kam Bemba danach noch nicht, denn in einem zweiten Verfahren ist er zusammen mit mehreren seiner kongolesischen Anwälte wegen Zeugenbeeinflussung im Hauptverfahren schuldig gesprochen und zu zwölf Monaten Haft verurteilt worden. Die waren nach den 15 Jahren in der Hauptsache abzusitzen. Dieses Urteil hob eine andere Kammer aber im März teilweise auf und setzte eine neue Strafzumessung an.

Noch bevor die erfolgt ist, ist der Freispruch in der Hauptsache erfolgt – womit sich die Frage stellt, ob die zehn Jahre, die Bemba schon seit seiner Festnahme 2008 hinter Gittern gesessen hat, nicht jede mögliche Strafe im zweiten Verfahren aufwiegen. Denn auf die dort behandelten Straftaten stehen höchstens fünf Jahre Haft.

Bei der Anhörung sagten die Ankläger jetzt, dass Bembas Freispruch in der Hauptsache dazu führen müsste, seine Strafe im zweiten Verfahren zu erhöhen. Schließlich habe er seinen Freispruch den Falschaussagen seiner Zeugen im Hauptverfahren zu verdanken. Sie forderten die vollen fünf Jahre.

Die Anklagebehörde reichte dazu einen 21-seitigen Antrag ein, in dem sie auch auf die Bemba-Berufungsrichter schimpfte – die hätten „plötzliche und unerklärliche“ Entscheidungen getroffen und dafür „keine Begründung, ganz zu schweigen von überzeugenden Gründen“ geliefert. Juristisch ist das die Sprache von Verlierern.

Den Antrag der Ankläger ließ der Richter jetzt nicht zu – aber beide Seiten durften etwas sagen. Das taten sie ausführlich. Die Verteidigung machte unter anderem geltend, dass die Anklage nachweisen müsse, dass Bembas Zeugenbeeinflussung zu den Zeugenaussagen führte, die im Hauptverfahren maßgeblich für seinen Freispruch waren. Diese Aussagen habe die Anklagebehörde aber im Hauptverfahren gar nicht angezweifelt.

Wann eine Entscheidung über Bembas Schicksal fällt, bleibt weiter offen. Je länger es dauert, desto unwahrscheinlicher ist es, dass Bemba rechtzeitig in seine Heimat zurückkehren kann, um bei den für den 23. Dezember geplanten Präsidentschaftswahlen gegen Amtsinhaber Joseph Kabila anzutreten, wie Kongos Opposition es hofft.

Die Kandidatenfrist dafür läuft bis 8. August. Außerdem sieht das Wahlgesetz vor, dass Kandidaten beim Einreichen ihrer Kandidatur den Nachweis erbringen müssen, dass sie auf Kongos Wahlregister stehen. Für Bemba ist das nicht der Fall.

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