Konjunkturpaket in der Coronakrise: Ziemlich zurückgelehnt

Der Bundestag hat wichtige Teile des Corona-Konjunkturpaketes beschlossen. Auf Kritik aus der Opposition ging die Regierung nicht ein.

Sitzreihen im Bundestag

Nur jeder dritte Platz im Plenum durfte belegt sein: Bei der Sondersitzung des Bundestages Foto: Fabrizio Bensch/reuters

BERLIN taz | In einer Sondersitzung hat der Bundestag am Montagmittag einen wichtigen Teil des Corona-Konjunktur- und Krisenbewältigungspakets der Großen Koalition beschlossen. Kernpunkte sind die temporäre Senkung der Mehrwertsteuer und ein Kinderbonus. Beides soll helfen, die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie abzumildern. Für das zweite Corona-Steuerhilfegesetz stimmten alleine die Regierungsfraktionen. FDP und AfD votierten dagegen, Grüne und Linkspartei enthielten sich.

In der vorangegangenen Debatte ging es vorallem um die zeitlich befristete Mehrwertsteuersenkung, die Steuermindereinnahmen in Höhe von rund 20 Milliarden Euro nach sich zieht. Sie wird am 1. Juli in Kraft treten. Bis Jahresende fallen dann statt 19 nur noch 16 Prozent Mehrwertsteuer beim Einkauf an.

Der ermäßigte Satz, der für viele Lebensmittel und Waren des täglichen Bedarfs gilt, reduziert sich von 7 auf 5 Prozent. „Wir entlasten gerade hier die mittleren und die kleineren Einkommen in besonderer Art und Weise“, schwärmte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt.

Die Opposition kritisierte die Pläne in der Bundestagsdebatte allerdings deutlich. Einer der Hauptkritikpunkte: Es unklar, in welchem Ausmaß die Mehrwertsteuerentlastung auch bei den Verbraucher:innen ankommen wird. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) habe einen „großen Wumms angekündigt“, geliefert habe er jedoch „eine gewagte, unkalkulierbare Wette“, sagte etwa der Grünen-Abgeordnete Danyal Bayaz.

Die Linkspartei-Abgeordnete Sahra Wagenknecht verwies auf europaweite Studien, nach denen Mehrwertsteuersenkungen im Schnitt nur zu 15 Prozent über sinkende Preise weitergegeben würden.

Finanzminister Scholz und Verkehrsminister Dobrindt unterhalten sich im Bundestag.

Für Scholz lief es wie geplant: Konjunkturpaket verabschiedet, Mehrwertsteuer gesenkt Foto: Bernd Von Jutrczenka/dpa

„Von dem Betrag, den die Senkung der Mehrwertsteuer kostet, hätte man 20 Millionen Familien mit niedrigem Einkommen oder mit krisenbedingten Verlusten, also jedem zweiten Haushalt in Deutschland, einen Konsumscheck von 1.000 Euro schicken können“, sagte Wagenknecht. So jedoch würden vor allem Unternehmen mit großer Marktmacht profitieren, beispielsweise der Versandhändler Amazon, der ohnehin schon ein Krisengewinnler sei. Sie attestierte der Koalition eine „Unfähigkeit, Geld dahin zu lenken, wo es wirklich gebraucht wird“.

Auch die FDP bezeichnete die vorübergehende Steuersenkung als weitgehend wirkungslos. Selbst im „optimistischsten Fall“, dass das Geld doch vollständig im Portemonnaie der Menschen landen würde, spare ein durchschnittlicher Haushalt gerade einmal 30 Euro im Monat, sagte FDP-Fraktionsvize Christian Dürr. Dem stehe jedoch ein „absurder bürokratischer Aufwand“ für den Einzelhandel gegenüber.

Keine Kritik gab es hingegen an einem weiteren wichtigen Punkt des zweite Corona-Steuerhilfegesetzes: der Gewährung eines einmaligen Kinderbonus in Höhe von 300 Euro für jedes im Jahr 2020 kindergeldberechtigte Kind. Dabei wird dieser Bonus nicht auf die Grundsicherung angerechnet und bei besserverdienenden Haushalten mit dem Kinderfreibetrag verrechnet.

Geänderte Abschreibungsregeln, um Firmen zu entlasten

„Der Kinderbonus kommt Familien zugute, die es brauchen, das unterstützen wir“, sagte die Linke Wagenknecht. Die ersten 200 Euro sollen im September mit dem Kindergeld ausgezahlt werden, die restlichen 100 Euro im Oktober.

Darüber hinaus soll der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende für einen Zeitraum von zwei Jahren von derzeit 1.908 Euro auf 4.008 Euro angehoben werden. Zudem gibt es Erleichterungen für Firmen, etwa durch geänderte Abschreibungsregeln. Außerdem sollen sie aktuelle krisenbedingte Verluste besser mit Gewinnen aus dem Vorjahr verrechnen können und so in der Krisenzeit mehr Geld in der Kasse haben.

Finanzminister Scholz und Wirtschaftsminister Peter Altmaier verfolgten die Debatte schweigend von der Regierungsbank aus. Sie hielten es offenkundig nicht für nötig, selbst das Wort zu ergreifen, um auf die Kritik der Opposition einzugehen. Stattdessen meldete sich Altmaier via Pressmitteilung: Es sei „wichtig, dass das Konjunkturprogramm zügig und ohne Abstriche umgesetzt wird“.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.