Konsequenzen aus Terrordrohungen: Polizei jetzt mit Kriegswaffen

Nach wiederholten Terrorwarnungen werden deutsche Polizisten mit schweren Waffen aufgerüstet. Die Linke warnt vor „Bürgerkriegsarmeen“.

SEK-Beamter in voller Ausrüstung

Zur Terrorbekämpfung sollen die Beamten aufgerüstet werden. Foto: dpa

BERLIN taz | Schwer bewaffnet, mit Maschinenpistolen und schusssicheren Westen, standen Polizisten im Februar in der Bremer Innenstadt. Eine Terrorwarnung hatte die Stadt einen Tag lang in den Ausnahmezustand versetzt. Es blieb letztlich beim Alarm. Das Bild aber dürfte man künftig häufiger sehen.

Am Donnerstag und Freitag treffen sich die Innenminister der Bundesländer zu ihrer halbjährlichen Konferenz in Mainz. Ihr Topthema: Die Aufrüstung der Polizei, um zukünftig mögliche Terrorangriffe in Deutschland vereiteln zu können.

„Wir müssen mit den Terroristen auf Augenhöhe bleiben“, fordert Roger Lewentz (SPD), Innenminister in Rheinland-Pfalz und Vorsitzender der Konferenz. Die Attentäter seien inzwischen extrem gut ausgerüstet – damit müssten die Spezialkräfte mithalten. Ausgangspunkts seines Appells sind die Anschläge in Paris mit 12 Toten zu Jahresbeginn, bei denen die Angreifer mit Kalaschnikows anrückten.

Laut Lewentz werden in Rheinland-Pfalz in diesem Jahr 1,6 Millionen Euro für die Aufrüstung von Spezialkräften der Polizei investiert. Das Land kaufte dafür sogenannte Distanzwaffen ein, die Kalaschnikows ähneln. Außerdem einen gepanzerten Einsatzwagen, robustere Schutzwesten und Nachtsichtgeräte. Ziel sei es, so Lewentz, im „Schusswechsel mit Terroristen zu bestehen“.

Professionell auf Terrorismus reagieren

Auch in Hessen wurde eigens ein „Mobiles Einsatzkommando“ für Terroreinsätze gegründet. Dazu kümmern sich zwei Polizeidirektionen nur noch um Spezialeinheiten. Der Staatsschutz wurde ausgebaut. Ziel sei es, so das Innenministerium, „noch professioneller auf die Herausforderungen von Extremismus und Terrorismus reagieren zu können“. Die Ausrüstung sei dafür bereits „auf dem Stand der Technik“. Details nannte das Ministerium aus „polizeitaktischen Grundsätzen“ nicht.

In NRW versichert das Innenministerium, ebenso für „die Bewältigung von Ereignissen wie in Paris einsatzbereit“ zu sein. SEK-Einheiten und Waffen, darunter Gewehre und Maschinenpistolen, stünden parat. Auch „Großeinsätze gegen Terroristen“ seien so zu bewältigen.

Andere Bundesländer sind noch in der Planung. In Bayern prüft seit dem Paris-Attentat eine Arbeitsgruppe, wie die Bewaffnung der Polizei verbessert werden kann. In Berlin will man im nächsten Haushalt zumindest eine „erhebliche Erhöhung der Mittel für Schutzausstattungen“ durchsetzen. Bereits jetzt fänden „Trageversuche“ von Schutzwesten statt.

Bund will BKA und Verfassungsschutz aufrüsten

Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) nannte die derzeitige Polizeiausrüstung „ausbaufähig“. „Wir müssen uns darauf einstellen, dass Anschläge von Personen verübt werden könnten, die Erfahrung auf Schlachtfeldern von Syrien und Irak gesammelt haben.“ Laut dem Konferenz-Vorsitzenden Lewentz hätten „alle Bundesländer ihre Schlüsse gezogen“.

Auch der Bund zieht mit. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) plant auch Bundespolizei, BKA und Verfassungsschutz aufzurüsten. 328 Millionen Euro sind dafür bis 2019 eingeplant. 750 neue Stellen sollen entstehen, 350 allein bei der Bundespolizei. Diese wird zudem eine eigene Anti-Terror-Einheit bekommen. Laut Ministerium soll bis Jahresende eine „erste Teileinheit“ an den Start gehen, die „zielgerichtet im Anschlagsfall zum Einsatz kommt“. Zudem ist der Kauf neuer Schutzwesten, Kommunikationstechnik und gepanzerter Fahrzeuge geplant.

Im Bundestag betrachtet man das Aufrüsten mit Skepsis. Keine Einwände gibt es beim Nachkauf von Schutzwesten. Selbst die Linke will diesen Wunsch „ernsthaft prüfen“.

Warnung vor US-Zuständen

Für die Grünen-Innenexpertin Irene Mihalic steht es „außer Zweifel, dass die Polizei angesichts der konstant hohen Terrorgefahr besser ausgerüstet werden muss“. Die Aufrüstung mit schweren Waffen mache aber nur bei Spezialeinheiten Sinn. Für ungeschulte Beamte wäre eine solche Ausstattung „ein nicht vertretbares Risiko“, so die Grünen-Abgeordnete.

Die Linken-Innenpolitikerin Ulla Jelpke spricht von einem „völlig ausreichenden Kontingent an weitreichenden Schusswaffen und Panzerfahrzeugen“. Ausrüstungslücken der Polizei in diesem Bereich sieht sie nicht. „Eine Hochrüstung der Polizeibehörden zu Bürgerkriegsarmeen lehne ich strikt ab“, versichert Jelpke.

Markige Worte. Ihre Sorge aber wird selbst in der mitregierenden SPD geteilt. „Schutzlücken“ in der Polizeiausrüstung müssten selbstverständlich zügig geschlossen werden, sagt deren innenpolitischer Sprecher Burkhard Lischka. „Wichtig ist uns aber, dass die Polizei grundsätzlich zivil bleibt“, argumentiert der SPD-Mann. „Eine Militarisierung wie sie zum Teil in den USA zu beobachten ist, entspricht nicht dem deutschen Polizeiverständnis.“ In den USA trat die Polizei etwa bei Krawallen im vergangenen Sommer in Ferguson mit Panzern auf.

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